CW-Wert

King Kahn und SOA

11.04.2006

Es ist ja nicht so, dass wir nicht von unseren Kollegen in anderen Zeitungen auch mal etwas lernen würden. Nein, nicht abschreiben. Lernen.

Eine verdienstvolle Wirtschaftszeitung hat sich beispielsweise vor ein paar Tagen über die Auswirkungen der Suchmaschinenoptimierung auf die journalistische Arbeit ausgelassen. Zum einen müssten die Sätze in Überschriften sowie im Text kurz sein. Sie müssen zudem Inhalt besitzen, feuilletonistische Überschriften gehen also nicht. Völlig daneben wäre somit folgende Headline zu SOA: Des einen Freud, des anderen Leid - neue Konzepte für Dienstleistungen via Software. Wie wortmächtig mutet demgegenüber folgende Überschrift an: IBM - King Kahn der SOA? Da ist alles drin: bedeutende Firma. Noch bedeutenderer Titan. Beider Scheitern. Und ein allerbedeutendstes IT-Konzept, das absolut en vogue ist.

Wundern Sie sich also nicht, wenn Sie künftig in der besten aller IT-Zeitschriften lesen: Klinsi im Online-Rausch! Jens L. fängt alle E-Mails ab! Enthüllung - Cameron Diaz liebt Blackberry! Beckham braucht keine Softwareverteilung! Merkel machts mit Mailings! Skandal - Schröder von Gazprom-WLAN abgeklemmt! Sexgirl Paris Hilton - Internet nennt alle Liebhaber!

Also nicht, dass wir jetzt missverstanden werden: Unsere Berichterstattung bleibt selbstredend seriös. Denn natürlich sind die Entzugserscheinungen, die Millionen von Menschen erleiden, wenn sie keinen Internet-Zugang haben, ein riesiges Problem - warum also nicht auch beim global agierenden Bundestrainer der deutschen Nationalelf? Blackberrys sind unter vielfältigsten Aspekten lohnende Rechercheobjekte. WLANs in Russland - nun, über die Bedeutung solch eines Artikels brauchen wir nicht zu diskutieren. Na ja, und dass wir künftig unsere Suchmaschinenprominenz mit zugespitzten Titeln erhöhen wollen, können Sie uns nicht verdenken.