KfW-Analyse: Mittelstand verschläft Forschung und Entwicklung

19.11.2007
Der Mittelstand profitiert zwar vom Konjunkturaufschwung des vergangenen Jahres und investiert mehr, vernachlässigt aber Forschung und Entwicklung. Zu diesem Ergebnis kommt die KfW Bankengruppe und befürchtet, dass der deutsche Mittelstand international ins Hintertreffen gerät.

Der Konjunkturaufschwung des Jahres 2006, so das Mittelstandspanel 2007 der KfW, hat den Mittelstand in seiner gesamten Breite erfasst: Das Investitionsvolumen kleiner und mittlerer Unternehmen sei in Deutschland gegenüber 2005 um elf auf 193 Milliarden Euro angewachsen. Für das laufende Jahr, so das Institut, sei ein weiteres Plus zu erwarten. Defizite ermittelte die repräsentative Befragung allerdings in Sachen Innovationstätigkeit im Mittelstand.

Zwar wuchs der Anteil der Unternehmen, die erfolgreich Produkt- oder Prozessinnovationen eingeführt haben, im Jahr 2006 auf 43 Prozent an, allerdings ist das Plus in erster Linie auf vermehrte Imitationen zurückzuführen. Sowohl der Prozentsatz originärer Innovatoren, das heißt Unternehmen, die echte Marktneuheiten hervorbringen, als auch der Anteil der Mittelständler, die kontinuierlich forschen und entwickeln, stagniert. Über die Jahre leicht rückläufig ist der Anteil der jungen Unternehmen, die mit hoher Intensität Forschung und Entwicklung betreiben. Er lag im vergangenen Jahr bei zwölf Prozent. 2004 waren es noch 13 Prozent.

Matthäus-Maier: Deutschland braucht mehr junge, innovative und forschende Unternehmen.
Matthäus-Maier: Deutschland braucht mehr junge, innovative und forschende Unternehmen.

Ingrid Matthäus-Maier, Sprecherin des Vorstands der KfW Bankengruppe, zeigte sich erfreut über die hohe und weiter anhaltende Investitionsbereitschaft des Mittelstands. Den Trend zu geringeren Innovationsaktivitäten vor allem junger Unternehmen hingegen bewertete sie als besorgniserregend. "Deutschland braucht mehr junge, innovative und forschende Unternehmen, die originäre Neuerungen in den Markt einführen. Denn ihre Innovationskraft ist die entscheidende Triebfeder für die langfristige Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit, für nachhaltiges Wachstum und für zukunftssichere Arbeitsplätze." Auslöser der Schwäche junger Unternehmen bei forschungs- und entwicklungsintensiven Aktivitäten sind die nach wie vor hohen Hemmnisse bei der Finanzierung risikoreicher Forschungsvorhaben: Laut KfW erhält im Rahmen von Kreditverhandlungen fast die Hälfte der kontinuierlich forschenden Mittelständler kein Kreditangebot von der Bank.

Matthäus-Maier sieht hier sowohl die Unternehmen selbst als auch Financiers und Wirtschaftspolitik gefordert, aktiv zu werden. "Innovative Mittelständler müssen noch offener sein für alternative Finanzierungsformen. Gleichzeitig sollte jedoch die öffentliche Hand weiter zur Stärkung der Innovationsbeteiligung beitragen. Hierbei ist eine Förderpolitik des langen Atems gerade im Bereich der technologieorientierten Gründungen notwendig, damit langfristig ausreichend neues Innovationspotenzial nachwächst." Ebenfalls vonnöten sei es darüber hinaus, das Bildungspotenzial besser auszuschöpfen und an Schulen und Universitäten mehr talentierte und qualifizierte junge Menschen auszubilden, die die Innovationen der Zukunft entwickeln könnten.

Die Ergebnisse des Panels im Überblick:

  • Der Anstieg des mittelständischen Investitionsvolumens im Jahr 2006 auf 193 Milliarden Euro stellt den ersten Anstieg seit Ermittlung dieser Größe im KfW-Mittelstandspanel dar (Erhebungen liegen seit 2002 vor).

  • 134 Milliarden Euro flossen in Investitionen in neue Anlagen und Bauten und damit sechs Milliarden Euro mehr als 2005. Dies entspricht 52 Prozent der gesamten Unternehmensinvestitionen.

  • 2006 investierten 52 Prozent aller mittelständischen Unternehmen, 2005 waren es nur 40 Prozent. Auch die Kleinstunternehmen mit weniger als fünf Beschäftigten konnten ihre Investorenquote von 34 auf 47 Prozent steigern.

  • Der Anteil der innovativen Mittelständler wuchs von 38 Prozent im Jahr 2002 auf 43 Prozent im vergangenen Jahr. Bei Kleinstunternehmen stieg der Anteil im gleichen Zeitraum noch deutlicher von 34 auf 41 Prozent.

  • Die gestiegene Innovatorenquote ist vor allem auf ein Plus bei Produktimitationen zurückzuführen. Der Anteil der Unternehmen, der kontinuierlich Forschung und Entwicklung betreibt, stagniert bei neun Prozent. Der Anteil von jungen Unternehmen mit hoher Research-Intensität ist leicht rückläufig und lag 2006 bei zwölf Prozent.

  • Ein Grund für die Zurückhaltung bei originären Innovationen und Forschung im Mittelstand sind die nach wie vor hohen Finanzierungsrestriktionen bei der Implementierung und Umsetzung risikoreicher Innovations- und Entwicklungsprojekte.

  • Innovations- und Forschungsentscheidungen sind strategische Weichenstellungen von hoher Persistenz, die bereits bei der Geschäftsaufnahme getroffen werden. So sind die Spitzentechnologieunternehmen mit hohem Engagement in Forschung und Entwicklung, die während des New Economy-Booms Ende der 90er und Anfang 2000 auf dem Markt kamen, noch heute auf diesem Feld überdurchschnittlich aktiv.

  • Innovative Mittelständler erreichen einen jährlichen Beschäftigungszuwachs von 5,1 Prozent und wachsen damit um rund 1,5 Prozentpunkte stärker als nicht-innovative Mittelständler.