Innovationsbremse 2: die Regelwut
Regelfreie Zonen sind in deutschen Unternehmen nahezu unbekannt. Wer Ideen hat, soll sie gefälligst in den dafür vorgesehenen Prozess einbringen. Den Vordruck (modern: Template) ausfüllen und an die zuständigen Gremien weiterleiten, die dann über den Vorschlag beraten. In vielen Unternehmen ähneln das Ideen- und Innovationsmanagement mittlerweile einem bürokratischen Monster. Es gibt genaue Vorschriften, wie Ideenformulare auszufüllen und Ideen zu begründen sind, welchen potenziellen Ertrag sie in drei Jahren bringen müssen und wie sie umzusetzen sind. Was für ein Unterschied zu Unternehmen wie 3M oder Google, in denen Mitarbeiter freie Zeit bekommen, um an eigenen neuen Ideen zu arbeiten.
Die deutsche Ideenbürokratie übersieht einen wichtigen Punkt: Ideen kommen nicht als fertiges iPhone auf die Welt. Sie müssen entwickelt, von verschiedenen Seiten betrachtet und in unterschiedlichen Versionen immer wieder getestet werden, bevor sie eine Marktreife erlangen. In dieser Zeit brauchen sie etwas, was im Tierreich den Namen "Welpenschutz" trägt: einen geschützten Raum, in dem sie in Ruhe reifen können.
Das Innovationsmanagement zahlreicher deutscher Unternehmen sieht genau das nicht vor. Statt Ideen kreativ zu entwickeln, werden Excel-Tabellen ausgefüllt - mit etwas, das in Fachkreisen "Voodoo-Business-Plan" genannt wird: den Finger in die Luft halten und raten, welchen Umsatz ein neues Produkt wohl in drei Jahren bringen könnte. Der Realitätsgehalt dieser Businesspläne ist oft ähnlich hoch wie der von Grimms Märchen - ein Grund, warum Google Ideen oft auf den Markt bringt, ohne ein konkretes Businesskonzept zu haben. Google vertraut darauf, dass für Ideen, die sich bewähren, mit Sicherheit ein neues Geschäftsmodell entwickelt werden wird.
- Sitzt Ihr Unternehmen in der Benchmark-Falle?
Machen Sie den Test. Wenn Sie von den folgenden drei Aussagen zwei zustimmen, könnte Ihr Unternehmen tief in der Falle sitzen: <br><br> - Wir schauen auf die Konkurrenz und reagieren auf das, was dort passiert. <br> - Wenn man die Feinheiten beiseite lässt, unterscheiden wir uns kaum von unseren Mitbewerbern. <br> - Unsere Produkte werden häufig wie folgt beschrieben: "So wie das Produkt von …, nur kleiner / größer / billiger / schneller." <br><br> Bild: Fotolia.com, Stephen Coburn - 1. Verhängen Sie ein Kopierverbot:
Das Konzept der Glühbirne stammte zwar von einem deutschen Auswanderer, Heinrich Göbel. Doch Edison entwickelte daraus ein Gesamtsystem - von der marktreifen Glühbirne über Leitungen bis hin zu Kraftwerken. Erlaubt ist: Ideen von überall aufsaugen und daraus einzigartige neue Ideen entwickeln. Verboten ist: Ideen mit marginalen Änderungen blind kopieren.<br><br> Bild: Fotolia.com, Charly - 2. Etablieren Sie eine strategische Ideenentwicklung:
Manager haben es gelernt, in Prozessen zu denken. In vielen (Groß-)Unternehmen kaschieren heute ausgefeilte Prozesse einen Mangel an Ideen. Und in ihrem Management herrscht vielfach das Credo: Gute Ideen sind Zufall. Dabei bewies Thomas Edison schon Ende des neunzehnten Jahrhunderts, dass man neue (Problemlösungs- und Produkt-)Ideen systematisch entwickeln kann. Das Edison-Prinzip, seine sechs Schritte der Ideenentwicklung, war die Grundlage seiner Ideenfabrik, die er in den USA errichtet hat. <br><br> Bild: Fotolia.com, chrisharvey - 3. Fördern Sie Fehler und Risiken:
Lange und gründlich analysieren, einmal probieren und dann aufgeben. So lässt sich, kurz gesagt, die Innovationsstrategie vieler Unternehmen zusammenfassen. Fehler vermeiden um jeden Preis! Dass das nicht funktioniert, war Edison klar. Er erhob den Fehler zum Prinzip: Durch Scheitern zum Erfolg. Er unternahm knapp 9000 Versuche, bis die Glühbirne marktreif war. Und als nach dem tausendsten Versuch ein Mitarbeiter sagte "Wir sind gescheitert", erwiderte Edison: "Ich bin nicht gescheitert. Ich kenne jetzt 1000 Wege, wie man keine Glühbirne baut."<br><br> Bild: Fotolia.com, A. Dean