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Kelch der Risikokapitalgeber geht an US-Netzwerk-Startups vorbei

08.11.2002

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Die Zahl der VC-Investments in US-amerikanische Netzwerk-Startups ist im dritten Quartal drastisch zusammengeschmolzen und erreichte im Early-Stage-Bereich den niedrigsten Stand seit sieben Jahren. Zu diesem Ergebnis kamen die Verfasser des aktuellen "Moneytree Survey", PriceWaterhouseCoopers (PWC), Venture Economics und die National Venture Capital Association. So kam es in den Monaten Juli, August und September zu lediglich sechs Erstinvestitionen in junge Netzwerkausrüster, das ist die geringste Zahl seit dem vierten Quartal 1995.

Insgesamt wurden im Untersuchungszeitraum 39 Investments in Netzwerk-Startups vorgenommen. Die dabei investierte Summe betrug 341 Millionen Dollar, das ist etwa die Hälfte des entsprechenden Gesamtbetrags im vorangegangenen zweiten Quartal. Damals hatten die VC-Firmen noch 633 Millionen Dollar in 57 Newcomer aus der Netzwerkbranche investiert. Zum Vergleich: Im zweiten Quartal 2000 - während der Internet-Booms - hatten 80 Startups der Sparte noch insgesamt 1,2 Milliarden Dollar erhalten.

Nach Ansicht der Experten sträuben sich die Risikokapitalgeber wegen der gegenwärtigen Kaufzurückhaltung der Carrier, die Entstehung von neuartigen Routern, Switches und anderen Netzwerkkomponenten zu finanzieren. Potenzielle Kunden seien derzeit damit beschäftigt, ihre Zukäufe aus den vergangenen zehn Jahren zu implementieren, erklärt Tracy Lefteroff, Global Managing Partner im Bereich Venture Capital bei PWC. Erst wenn sie Nachteile durch die rückständige Technik erkennen, werde das Equipment wieder auf den neuesten Stand gebracht, so Lefteroff. Dieser Zyklus könne einige Jahre dauern, meint sie.

Während die sechs Early-Stage-Startups insgesamt 39,4 Millionen Dollar Fördermittel erhielten, wenden die VCs deutlich mehr Geld auf, um ihre Portfolio-Unternehmen aus der Netzwerkbranche zu unterstützen: So handelte es sich bei den sieben Investments um die fünfte oder gar höhere Finanzierungsrunde. Den Großteil der Gesamtsumme von 67,7 Millionen Dollar erhielt mit 34,5 Millionen Dollar das kalifornische Netzwerk-Startup LuxN. Die 1998 gegründete Company hat damit in sieben Finanzierungsrunden insgesamt mehr als 150 Millionen Dollar VC-Geld erhalten.

Da aktuell Exit-Strategien wie Börsengang oder Beteiligungsverkauf praktisch nicht existieren, sind die VCs gezwungen, die alternden Portfolio-Firmen bis zu einem möglichen Turnaround der Branche am Leben zu erhalten, erläuterte die PWC-Partnerin Lefteroff. Dennoch sei der Netzwerkbereich nach wie vor interessant, der Markt müsste nur zur Normalität zurückfinden.

Wegen der schlechten Aussichten haben sich die Risikokapitalgeber allgemein Zurückhaltung verordnet: Der Studie zufolge erhielten in den Monaten Juli, August und September 647 Startups insgesamt 4,5 Milliarden Dollar VC-Geld. Im vorangegangenen Vierteljahr wurden noch 838 Newcomer aus einem Sechs-Milliarden-Dollar-Topf bedient. (mb)