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Keine Zeit zum Träumen

12.02.2003
Von Adrian Hammerstein
„Wie viel Zeit verbringen Sie im Büro?“ „Wenig.“ Na gut, andersherum: „Wie viel Zeit verbringen Sie mit Arbeit?“ „Viel.“

Adrian von Hammerstein lacht schallend und wird wieder ernst. „Realistisch gesehen ist meine ganze Woche verplant - inklusive der Abende.“ Der CEO von Europas größtem Computer-hersteller hat gerade das erste Jahr in seinem Amt gemeistert. Und die Rahmenbedingungen waren alles andere als leicht. Nach Winfried Hoffmann und Paul Stodden ist von Hammerstein bereits der dritte Mann an der Spitze des erst 1999 gegründeten Joint Ventures Fujitsu-Siemens Computers (FSC). Und bevor die Company richtig Volldampf geben konnte, bremste schon die schwerste Krise der PC-Branche den Schwung wieder ab.

Die Karriere des gebürtigen Berliners, der Wirtschaftswissenschaften an der Universität in Princeton studierte und in Harvard promovierte, war bis dahin vor allem im Controlling verlaufen. Nach Deutschland zurückgekehrt, begann er 1981 in der Planungs- und Controlling-Abteilung der Bayerischen Hypothekenbank, wechselte zur Citibank, danach zu Digital Equipment und schließlich von Siemens-Nixdorf Informationssysteme zu FSC.

Von Beginn an dabei 

Als FSC-Finanzvorstand und Mitglied des Executive Council war er jedoch nicht nur mit dem Zahlenwerk vertraut, sondern auch in die strategischen Diskussionen des jungen Unternehmens eingebunden. Den eher ungewöhnlichen Aufstieg vom obersten Finanz-Manager zum Firmenchef betrachtet er daher mit einer ihm eigenen Nüchternheit. Schließlich hat er ja schon gemeinsam mit Paul Stodden an der Neuausrichtung des Unternehmens gearbeitet. „Es wird keine strategischen Änderungen geben“, gibt er sich eher überrascht.

Für von Hammerstein selbst hat sich trotzdem vieles verändert. Mit der Ernennung zum CEO stand er plötzlich im Rampenlicht. „Eigentlich hat sich der ganze Fokus meiner Arbeit geändert“, überlegt er. „Er richtet sich viel mehr nach außen, an die Medien sowie unsere Kunden und Lieferanten.“ Auch FSC konnte Entlassungen nicht vermeiden, doch mit 300 Kündigungen ist die Mannschaft im Branchenvergleich glimpflich davongekommen.

Und Bangemachen gilt nicht. Der FSC-Frontmann, der sichtlich Spaß an seiner neuen Aufgabe hat, will die Rückkehr zum Erfolg des Unternehmens aus eigener Kraft bewältigen. Unter seinen Mitarbeitern gilt er als jemand, der auch durchgreifen kann. Von Hammerstein, dessen Promoti-onsthema „Die Auswirkungen von Wechselkursschwankungen auf die Preise der deutschen Industrie“ den Fleißmenschen erkennen lässt, arbeitet konzentriert. Und er legt großen Wert auf Teamarbeit. Wer ihn im Umgang mit seinen Kollegen miterleben durfte, kann nachvollziehen, was er meint, wenn er sagt: „Ich halte es für unverzichtbar, mit Menschen zusammenzuarbeiten, die auch von ihrer Arbeit begeistert sind und denen ich uneingeschränkt vertrauen kann.“ Die entspannte Atmosphäre, die er und seine Kollegen im Umgang miteinander ausstrahlen, deutet darauf hin, dass er den richtigen Platz gefunden hat. Auf die Frage, was er noch für Träume hat, reagiert er erstaunt: „Wieso? Das ist doch eine Super-Aufgabe, und zum Träumen habe ich gar keine Zeit.“