Keine Schaumschläger, bitte!

06.03.2008

Beurteilung von IT-Beratern

Ob ein IT-Berater wirklich etwas kann, glaubt Premiere-CIO Weinrauch gut beurteilen zu können. Schließlich war er früher selbst als Consultant unterwegs: "Beraterpräsentationen sind schön bunt, schön aufbereitet, schön dynamisch - aber oft auch schön substanzlos. Und das durchschaut man schneller, wenn man selbst aus der Branche kommt." Auch langjährige Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit Externen schärfen das Beurteilungsvermögen, meint Apollo-CIO Ehbauer. "Mittlerweile merke ich ganz schnell, ob ich einen Schaumschläger vor mir habe."

Tests an kleinen Projekten

Spezielle Methoden und Tools zur Messung der Beraterleistung haben die befragten CIOs bis-lang nicht eingesetzt. Beim neuen Logistikprojekt von Apollo Optik werden die Externen aber erstmals nach standardisierten Messverfahren bewertet. "Das ist komplettes Neuland für mich", räumt Ehbauer ein. Traditionell beauftrage er neue Berater zunächst mit einem kleinen Projekt oder lade sie zu einem eintägigen Workshop ein. "Über solche Aktivitäten finden wir schnell heraus, ob der Consultant die geforderten Qualitäten auch tatsächlich mitbringt." Ähnlich geht Premiere-Kollege Weinrauch vor: "Wenn wir neue Berater anheuern, testen wir sie mit kleinen, abgegrenzten Vorhaben und stellen dabei relativ hohe Anforderungen, um zu prüfen, inwieweit sie unsere Probleme verstehen und bei der Lösungsermittlung über den Tellerrand schauen", beschreibt der CIO. Mit dieser Methode lasse sich überraschend gut beurteilen, wie innovativ und gleichzeitig standardisiert die Externen an Themen herangehen. "Da trennt sich die Spreu vom Weizen."

'Wissenstransfer ist wichtig

Günter Weinrauch, Premiere: Bei rein fachlicher Beratung bevorzuge ich kleinere Spezialisten.
Günter Weinrauch, Premiere: Bei rein fachlicher Beratung bevorzuge ich kleinere Spezialisten.

Um zu testen, wie ein neuer Consultant IT- und Geschäftsstrategie in Einklang bringt und ob er dabei eine ganzheitliche Sichtweise an den Tag legt, setzt Weinrauch auf extrem offene Fragestellungen. Dadurch sei der Experte gezwungen, seine Ideen aktiv einzubringen, und könne nicht einfach mit Ja oder Nein antworten. Wichtig bei Strategieprojekten ist zudem, dass der Berater sein Wissen auf die internen Mitarbeiter transferiert. "Selbst ausführliche Dokumentationen reichen da nicht", warnt Cardea-Expertin Manger-Wiemann. Premiere gibt bei der Aufgabendefinition grundsätzlich vor, dass die eigenen Leute nach Abschluss der Beratung in der Lage sein müssen, die Jobs ohne externe Hilfe zu erledigen. "Das ist ein Teil der Abnahme", beschreibt CIO Weinrauch. Auch Mayflower-COO Stockmann hält diesen Aspekt für extrem wichtig. Er strebt daher eine möglichst frühe Bildung von gemischten Teams aus externen Beratern und eigenen Projektmitarbeitern an: "So ist gewährleistet, dass der Know-how-Transfer permanent läuft und nicht erst am Ende, wenn alles fertig ist, eine Übergabe erfolgt."

Hohe Anforderungen an Security-Consultants

Besonders hohe Ansprüche stellen die Anwender an Security-Berater. "In vielen Bereichen reichen Management-Kompetenzen und ein paar Entwickler aus. Aber mit dem Thema IT-Sicherheit ist nicht zu spaßen, da braucht man einen seriösen Anbieter mit ausgeprägter Fachkompetenz", warnt Mayflower-Mann Stockmann. Entscheidend sei dabei vor allem, wie die Consultants das Projekt umsetzten. Ein Beratungshaus, das sich auch auf wissenschaftlicher Ebene mit spezifischen Themen wie Security auseinandersetzt, kann ebenfalls punkten, meint Manger-Wiemann. "Das ist ein klarer Beleg für Kompetenz." Weinrauch kommt es im IT-Sicherheitsumfeld in erster Linie auf spezifische Erfahrungen an: "Zehn bis 20 Projekte sollte der Berater hier schon gemacht haben. Leute, die direkt von der Uni kommen, sind da fehl am Platz." Ähnlich verhalte es sich beim Thema SOA: "Viele Beratungshäuser fahren einen sehr akademischen und beratungsintensiven Ansatz", so Weinrauch. "Aber genau das wollen wir nicht. Wir bevorzugen Pragmatiker mit praktischer Erfahrung."

Carsten Stockmann, Mayflower Capital AG: Im Bankenbereich und bei Compliance-Themen spielt die Reputation schon eine Rolle.
Carsten Stockmann, Mayflower Capital AG: Im Bankenbereich und bei Compliance-Themen spielt die Reputation schon eine Rolle.

Abgesehen von der Herstellerunabhängigkeit, die sich bereits vor der Auswahl des Anbieters überprüfen lässt, ist die Neutralität eines Consultants mehr oder weniger Vertrauenssache. "Jeder Berater ist zumindest teilweise vorbeeinflusst. Daher sollte man nicht alles, was er empfiehlt, für bare Münze nehmen", warnt Premiere-Mann Weinrauch. Wichtig sei, dass der interne Projektleiter solche Tendenzen bemerke und in der Ergebnisbewertung berücksichtige.

Unseröse Beratung lohnt sich nicht

"Vor unseriösen Ratschlägen eines Beraters ist man nie gefeit - genauso wenig wie vor Zahnarztleistungen, die nicht unbedingt nötig gewesen wären", meint auch Stockmann. "Aber nicht wettbewerbsfähige oder überteuerte Lösungen kann ein Anbieter einmal, höchstens zweimal empfehlen. Spätestens beim dritten Kunden ist sein Ruf ruiniert."