Arbeitszeitkonto auf dem Prüfstand

Keine Kürzung von Zeitguthaben

29.08.2012
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Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.
Der Arbeitgeber darf nur unter bestimmten Bedingungen eine Verrechnung des ausgewiesenen Zeitguthabens mit Minusstunden vornehmen.

Das auf einem Arbeitszeitkonto ausgewiesene Zeitguthaben des Arbeitnehmers darf der Arbeitgeber nur mit Minusstunden verrechnen, wenn ihm die der Führung des Arbeitszeitkontos zugrunde liegende Vereinbarung (Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag) die Möglichkeit dazu eröffnet. Darauf verweist der Kieler Fachanwalt für Arbeitsrecht Jens Klarmann, Vizepräsident des VDAA - Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart, unter Hinweis auf die Mitteilung des Bundesarbeitsgerichts vom 21.02.2012 zu seinem Urteil vom selben Tage, Az.: 5 AZR 676/11.

Das Arbeitszeitkonto ist oft ein Streitpunkt zwischen Arbeitgeber und -Nehmer.
Das Arbeitszeitkonto ist oft ein Streitpunkt zwischen Arbeitgeber und -Nehmer.
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Die Klägerin ist bei der Beklagten als Briefzustellerin beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden die für das Unternehmen der Beklagten geltenden Tarifverträge Anwendung. Diese sehen vor, dass die Arbeitnehmer innerhalb der Arbeitszeit Erholungszeiten erhalten, die in den Dienstplänen zu bezahlten Kurzpausen zusammengefasst sind. Außerhalb der dienstplanmäßigen Arbeitszeit geleistete Überstunden und deren Ausgleich durch Freizeit werden auf einem Arbeitszeitkonto festgehalten.

Am 1. April 2008 trat ein neuer Tarifvertrag in Kraft, welcher die Erholungszeiten kürzte. Diese Kürzung konnte erst zum 1. Juli 2008 in neuen Dienstplänen umgesetzt werden. Die Beklagte strich deshalb ein Zeitguthaben von 7,20 Stunden auf dem Arbeitszeitkonto der Klägerin mit der Begründung, die Klägerin habe im Zeitraum vom 1. April bis zum 30. Juni 2008 die geschuldete Arbeitszeit nicht vollständig erbracht. Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Gutschrift der gestrichenen Stunden.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Der Senat hat die Revision der Beklagten zurückgewiesen, so Klarmann. Weder Tarifvertrag noch Betriebsvereinbarung erlauben es, das Arbeitszeitkonto mit Minusstunden zu belasten, die sich aus der Nichtausschöpfung der tarifvertraglichen Wochenarbeitszeit in den Dienstplänen ergeben.

Klarmann empfiehlt, dies zu beachten und ggfs. rechtlichen Rat in Anspruch zu nehmen, wobei er u. a. dazu auch auf den VdAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. (www.vdaa.de) verweist. (oe)

Weitere Informationen und Kontakt:

Jens Klarmann, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht und VdAA-Vizepräsident, c/o Passau, Niemeyer & Kollegen, Kiel, Tel.: 0431 974300, E-Mail: j.klarmann@pani-c.de, Internet: www.pani-c.de