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Xing-Chef

Keine Gefahr durch Facebook

15.11.2011
Das Hamburger Karriere-Netzwerk Xing ist kleiner als der US-Rivale LinkedIn und sieht sich selbst als lokaler Spieler im deutschprachigen Europa.

Xing-Chef Stefan Groß-Selbeck sprach mit der dpa über seine Strategie, mögliche Übernahmen und Facebook als Wettbewerber. Die Fragen stellte Andrej Sokolow.

Herr Groß-Selbeck, Xing hat im vergangenen Quartal gut 200.000 neue Kunden gewonnen. Kann man damit zufrieden sein?

Groß-Selbeck: Wir sind zufrieden. Denn wir haben mehr neue Kunden gewinnen können als im Vorjahresquartal. Insgesamt haben wir das Potenzial, unsere Mitglieder-Zahlen in den nächsten Jahren verdoppeln zu können.

Der Großteil ihrer Umsätze kommt von den Kunden, die für eine Premium-Mitgliedschaft zahlen. Und deren Zahl stieg im vergangenen Quartal nur um 10.000 auf knapp 780.000. Reicht das?

Groß-Selbeck: Ein Anteil zahlender Mitglieder von 15 Prozent ist ein sehr hoher Wert. Die Premium-Kunden sind für uns natürlich nach wie vor sehr wichtig, 70 Prozent unserer Umsätze kommen aus dem Geschäft, es sind unsere regelmäßigsten und treuesten Nutzer. Gleichzeitig fahren wir seit zwei Jahren eine Strategie der Umsatz-Diversifizierung. Und in neuen Bereichen wie Dienstleistungen für die Personalsuche stiegen die Umsätze in diesem Quartal um 75 Prozent. Wir konnten dadurch den Anteil dieser Umsätze am Gesamtgeschäft innerhalb von zwei Jahren von zehn auf 30 Prozent steigern. Auch zukünftig werden mehr neue Umsätze aus diesen Bereichen kommen.

Hängt diese Suche nach neuen Bereichen auch damit zusammen, dass die Wachstums-Möglichkeiten bei Mitgliedereinnahmen auf Grenzen stoßen?

Groß-Selbeck: Ich war sehr früh der Meinung, dass wir in diesen neuen Geschäftsbereichen ein unerschlossenes Potenzial haben. Eine Plattform wie unsere ist zum Beispiel ein hervorragendes Instrument für die Mitarbeitergewinnung, niemand anders kann im deutschsprachigen Raum auf fünf Millionen Profile von dieser Qualität zurückgreifen. Das ist ein großes Pfund und das wollen wir noch weiter erschließen für unsere Kunden wie Unternehmen, die nach Mitarbeitern suchen.

Wie sehr ist Facebook mit seinem rasanten Wachstum inzwischen auch ein Konkurrent für Sie als Business-Netzwerk?

Groß-Selbeck: Auch die jungen Leute unterscheiden ganz klar zwischen Beruflichem und Privatem und Facebook steht ganz klar für den privaten Bereich. Wir sind hingegen ganz klar als berufliches Netzwerk positioniert. Natürlich bindet Facebook zugleich einen großen Teil der Internet-Nutzung an sich. Insofern steht jeder andere Online-Dienst in gewisser Weise in Wettbewerb mit Facebook.

Im Sommer hatte man den Eindruck als würde die Xing-Aktie dem Auf und Ab des größeren US-Wettbewerbers LinkedIn folgen. Hat der zwischenzeitliche Aufstieg in den TecDax einen positiven Effekt gehabt?

Groß-Selbeck: Ich denke, dass die kontinuierliche Entwicklung des Aktienkurses in den vergangenen zwölf Monaten die Folge des operativen Geschäftes war, das wir erfolgreich und konsequent aufgebaut haben. Wir haben nachhaltiges, gutes Wachstum gezeigt, Gewinn gemacht, bewiesen, dass wir in der Lage sind, neue Geschäftsbereiche zu erschließen. Und das Vertrauen in das Potenzial von Xing zeigt sich letztlich auch im Aktienkurs. Der Aufstieg in den TecDax half natürlich, zusätzliche Aufmerksamkeit zu gewinnen. Wir sprechen heute mit Investoren, die dadurch auf uns aufmerksam geworden sind. Und neue Investoren bedeuten auch mehr Liquidität.

Was machen die Pläne für eine internationale Expansion?

Groß-Selbeck: Wir haben gerade in den vergangenen zwei Jahren einen starken Fokus auf die deutschsprachige Region gelegt. Das ist ein großer Raum mit über 100 Millionen Menschen und einer großen Wirtschaftskraft. Hier sehen wir den Schwerpunkt unseres Geschäfts auch in den nächsten Jahren. Wir sind auch international im Geschäft, etwa die Hälfte der rund elf Millionen Kunden kommt aus dem nicht-deutschsprachigen Europa. Wir sind aber klar ein lokaler Spieler in der großen Region deutschsprachiges Europa. Und fühlen uns dabei sehr wohl.

Wie interessant wäre für Sie grundsätzlich, zusammen mit einem Partner schneller international zu wachsen?

Groß-Selbeck: Das steht für mich derzeit nicht auf der Agenda. Wir schauen uns natürlich im Markt nach potenziellen Zukäufen um, wir haben auch das Geld dazu. Aber aktuell gibt es nichts dazu mitzuteilen.

Und die Option, nicht zuzukaufen, sondern selbst übernommen zu werden?

Groß-Selbeck: Wir konzentrieren uns darauf, unseren Wachstumskurs erfolgreich fortzusetzen. Alles andere sind müßige Spekulationen. (dpa/tc)