IT im Handel/Kommentar

Kein Verlaß auf Marktauguren

12.11.1999

Schwierige Rahmenbedingungen hat der Handel offenbar immer. Kein Jahr vergeht, ohne daß der Eindruck vermittelt würde, daß dem zweitältesten Gewerbe der Welt das Wasser bis zum Hals steht.

Handel und Wandel indes gehören seit jeher zusammen. Was also soll das Getöse? Gerade in den Veränderungen der Märkte, der Verbrauchergewohnheiten, der Vermarktungsmethoden liegen ja die Chancen. Überdurchschnittliche Gewinne winken dem Versandhandel, wenn er seine E-Commerce-Chancen wahrnimmt, ferner Spezialanbietern, die via Internet überregionale Märkte erobern, auch Grossisten, die mit ausgefeilter Logistik ihren Einzugsbereich abdecken und -sichern und nicht zuletzt solchen Startups, die neue Nischen schaffen und besetzen.

Freilich erfordert all das über die Risikofreude hinaus ein persönliches Informations-Management, das sich von dem unterscheidet, was die Branche bisher gewohnt war: Das berühmte Gespür für den Markt, teuer erkauftes Insiderwissen und die seltene Kunst, zwischen den Zeilen von Bilanzen lesen zu können, diese traditionellen Instrumente reichen nicht mehr aus, den Braten kunstgerecht zu zerlegen.

Auch gerühmte Auguren und gefällige Analysten - notorisch überaktiv im Prognosezirkus - sind dem derzeitigen Wandel nicht gewachsen. Denn zu unterschiedlich fallen die Entscheidungsdaten der Marktforscher aus, zu schnell sind ihre gerade erst ermittelten Werte überholt.

Kurz: Topmanagement und IT-Verantwortliche müssen sich selbst, aber gemeinsam ein Bild ihrer aktuellen Situation im Markt erarbeiten und daraus eine IT-Strategie ableiten. Zu unübersichtlich gestaltet sich zur Zeit das Meinungsspektrum aus Internet-getriebener Euphorie und den Bedenklichkeiten der Tarifpartner und Standespolitiker.