Kolumne

"Kein Grund für Depressionen"

19.10.2001
Christoph Witte Chefredakteur CW

Willkommen zur Systems 2001! Schon lange hat keine große IT-Messe mehr unter so schlechten konjunkturellen Vorzeichen stattgefunden wie die diesjährige Münchner Computershow. Dabei weisen die offiziellen Branchenzahlen für dieses und das nächste Jahr nicht einmal nach unten. Der Markt wächst den Angaben zufolge lediglich langsamer. Für 2001 rechnen die Autoren der neuesten Eito-Studie (Eito = European Information Technology Observatory) mit einem Marktwachstum in Europa von 6,8 Prozent und für 2002 mit einem Plus von sieben Prozent. Allerdings - und hier liegt das Problem für die Branche - ist das Plus fast um die Hälfte kleiner als 2000. Da die Kosten der Player sich aber an den ursprünglich geplanten hohen Umsatzzuwächsen orientieren, müssen jetzt alle auf Teufel komm raus sparen, um sich nicht allzu weit von den gesetzten Renditezielen zu entfernen. Also jammern die Anbieter - so drücken sich zumindest Verbandsvertreter aus - auf hohem Niveau.

Direkt gefragt, geben sich die großen Player allerdings in ihren Prognosen sehr viel zurückhaltender als ihr Verband Bitkom. Sie reden von "schweren Zeiten", die auf sie zukommen, und davon, dass sich noch nicht genau absehen lässt, wann die Investitionen in IT wieder anziehen. Die Hoffnung, schon zur Jahresmitte 2002 das Schlimmste überstanden zu haben, hegen die meisten nicht mehr. Sie sehen das Licht am Ende des Tunnels frühestens Ende nächsten Jahres auftauchen.

Viele glauben, dass ihnen das Schlimmste noch bevorsteht: Dann nämlich, wenn die Endverbraucher weniger konsumieren und diese Zurückhaltung voll auf die Investitionsbereitschaft der Unternehmensanwender durchschlägt.

Schon jetzt registrieren die Hersteller ein Zögern ihrer Business-Kunden, in Projekte zu investieren, die keinen direkten Return on Investment aufweisen. Anwender lassen sich offenbar nicht mehr mit allgemeinen Versprechungen abspeisen, sondern wollen genau wissen, wie viel welches Projekt in welcher Zeit einspart. Sie beginnen sogar, IT-Ausgaben aus diesen Einsparungen zu finanzieren. Extra-Budgets werden kaum noch genehmigt. So hart das die Anbieter ankommt, so richtig ist diese Entwicklung. Endlich nimmt der Anwender die versprochenen Effektivitätszuwächse der IT für bare Münze und unterscheidet mit diesem Kriterium zwischen sinnvollen und sinnlosen Vorhaben. Das ist gut so und sollte auch über diese rezessive Phase hinaus die Grundhaltung der Anwenderschaft bestimmen. Deshalb müssen IT-Entscheider nicht in Depressionen verfallen. Sie haben jetzt ein hartes Kriterium für Anschaffungen, und die Anbieterschaft ist nun bereit, die entsprechenden Fragen konkret zu beantworten. Daran ist nichts Schlechtes; es könnte sogar die Innovationskraft stärken, was sich wiederum positiv auf die Geschäfte der Anbieter auswirken würde.