Kolumne

Kaum ist der Alte weg…

06.06.2006

Dies ist die dritte Kolumne über Sun in kurzer Folge. Das hat weder mit übertriebener Liebe für dieses Unternehmen noch mit überzogener Kritik zu tun. Der Server-Anbieter und Java-Erfinder sorgt einfach in letzter Zeit für jede Menge Schlagzeilen (siehe Seite 1).Es ist erst gut vier Wochen her, dass Jonathan Schwartz das Ruder von Scott McNealy übernommen hat, und schon werden bei Sun die Weichen anders gestellt. Eine der ersten Aktionen des ehemaligen McKinsey-Mannes war die Ankündigung von Entlassungen. 4000 bis 5000 Mitarbeiter sollen gehen.

Mit dieser Aktion reagiert Schwartz auf Kritik der Aktionäre, die schon McNealy dazu aufgefordert hatten, die Belegschaft drastisch zu reduzieren, um die Kosten des Anbieters in den Griff zu bekommen. Warum er sich bis zum Schluss weigerte, Entlassungen vorzunehmen, hat Schwartz’ Vorgänger nie explizit gesagt, nur etwas nebulös vom Kapital gesprochen, dass die Mitarbeiter darstellten. Man könnte jetzt sentimental fragen, ob McNealy der letzte Boss in der Hightech-Branche war, der so dachte und sich immer wieder gegen eine zu starke Einflussnahme der Investoren gewehrt hat. Letzteres hat ihn schließlich seinen Job gekostet. Aber für Rückschau ist kaum Zeit.

Bleibt die Frage nach den Optionen für Sun. Die Entlassungen bringen nur Entlastung auf der Kostenseite. Neuen Umsatz kreieren solche Maßnahmen nicht. Im Gegenteil, sie verunsichern die Kunden, die befürchten müssen, dass sie nicht mehr so gut unterstützt werden und dass die von ihnen eingesetzten Produkte eventuell nicht weitergeführt werden. Sun versucht nun erneut, die Java-Karte zu spielen und im SOA-Umfeld mit einem laut eigener Darstellung kompletten Open-Source-Stack zu reüssieren. Diese Idee verspricht zusätzliche Serviceeinnahmen, die Sun gut gebrauchen kann. Aber Sun geht mit dieser Ausrichtung ein hohes Risiko ein. Kann Schwartz die stark auf das Hardwaregeschäft ausgerichtete Organisation auf Software- und Servicegeschäft trimmen und im Server-Business gleichzeitig weiter wachsen? Akzeptieren die Anwender neben den großen Infrastrukturanbietern, IBM, Microsoft, Oracle und SAP einen weiteren, der dazu noch auf ein anderes Geschäftsmodell setzt? Und wenn, reichen die zusätzlichen Umsätze, um Sun nachhaltig aus der Krise zu führen? Letztere ist für Schwartz die Eine-Milliarde-Dollar-Frage. Seine Investoren jedenfalls werden ein Nein nicht akzeptieren.

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