Kaum ein Pinguin am digitalen Reissbrett

07.12.2005
Von Dirk Rohlfing
Quelloffene Software macht bei CAD-Software erst langsam Boden gut.

CAD-Programme unter Linux? Eigentlich kein Problem, sollte man denken. Und doch finden viele CAD-Anwender noch immer keine geeignete Linux-Alternative. Bis heute sind die meisten Anbieter von CAD-Programmen wie "Autocad", "Inventor", "Solid Works", "UG" und "Catia" in Sachen Linux noch merkwürdig zögerlich. Als einer der ersten Anbieter hat sich Anfang dieses Jahres der amerikanische CAD-Softwarehaus UGS aus der Deckung gewagt, und eine Linux-Unterstützung für die Produkte "Teamcenter" und "NX Solutions" angekündigt. Ebenfalls eine Ausnahme ist der Anbieter PTC, der seit einigen Monaten erfolgreich eine Linux-Version der CAD-Software "Pro-Engineer" vermarktet.

Hier lesen Sie...

  • wie es um das Angebot an Linux-fähiger CAD-Software bestellt es;

  • was sich bezüglich des besonders weit verbreiteten Programms "Catia" tut;

  • welche neueren technischen Entwicklungen und Forderungen von Anwen- dern eine Erweiterung des Angebots wahrscheinlich machen.

Natürlich gibt es noch mehr CAD-Programme, die unter Linux laufen. Diese sind jedoch eher etwas für die Anwender, die nicht in der CAD-Profiliga spielen müssen. Als System für CAD-Einsteiger, die auf Linux nicht verzichten wollen, empfiehlt etwa Gerhard Reithofer vom Grazer CAD-Spezialisten Tech-EDV die Software "Varicad": "Die Funktionalität dieser Software ist beeindruckend." Das Angebot- des gleichnamigen tschechischen Herstellers sei zwar "ganz sicher kein Highend-System aber genau das Richtige für denjenigen, der ein effizientes, kleines und handliches 3D-System sucht." Darüber hinaus stimmt der Preis: "Für den Preis einer Catia-Lizenz bekommt man zirka 30 bis 50 Varicad-Lizenzen", so Reithofer.

Entwicklung eines Flugzeugflügels mit Catia. Auf die Linux-Fähigkeit dieses CAD-Systems warten die Designer.
Entwicklung eines Flugzeugflügels mit Catia. Auf die Linux-Fähigkeit dieses CAD-Systems warten die Designer.

Mit der Software "Bricscad" (Intellicad) hält der Grazer CAD-Experte noch einen weiteren heißen Softwaretipp bereit. "Es handelt sich dabei um eine Wine-Portierung der Windows-Version", erklärt Reithofer. "Die Software ist kompatibel mit Autocad, so dass man alte Autolisp-Entwicklungen mit minimalen Änderungen sofort weiterverwenden kann. Damit hätte man dann quasi ein Autocad unter Linux."

Was tut sich sonst in Sachen CAD und Linux? Für Bewegung könnte IBM sorgen, arbeitet doch dieses Unternehmen seit vielen Jahren eng mit dem französischen CAD-Anbieter Dassault Systèmes zusammen. Ergebnis dieser Partnerschaft ist eine Produktfamilie, die neben dem CAD-Flagschiff Catia weitere Produkte wie "Smarteam" und "Enovia" umfasst. Zumindest die Franzosen profitieren von dieser Zusammenarbeit, schließlich sorgt Big Blue mit 350 Millionen Euro (2003) für gut die Hälfte des Dassault-Umsatzes.

IBM und Dassault zaudern

IBM hat die CAD-Aktivitäten in einer Einheit für Product-Life- cycle-Management (PLM) zusammengefasst. Und dort redet man nicht gerne über Linux. Bestätigen will man in der Stuttgarter IBM-Zentrale nur die Existenz eines internen Papiers zu einem im letzten Herbst herausgebrachten Catia-Release. Dieses "Smarteam V5R14 Fact-Sheet" erwähnt, man bereite für die vorgelagerten Produktdaten- Managment-(PDM-)Systeme - nicht für Catia selbst - die Unterstützung von Linux-Clients vor. Doch bisher ist es bei dieser Ankündigung geblieben.

Viele CAD-Anwender verstehen immer weniger die zögerliche Haltung von IBM in Sachen Linux und CAD. Und hartnäckig hält sich in der Branche das Gerücht, dass es nicht mehr lange dauern werde, bis IBM Druck macht. "Catia für Linux kommt, sobald ein großer Anwender das ultimativ verlangt", erklärt ein IBM-Mitarbeiter, der nicht genannt werden möchte.

Linux-Catia in der Schublade

In der Tat scheint Dassault bereits seit einigen Jahren eine fertige Linux-Version von Catia in der Schublade zu haben. Bereits Anfang 2000, "zu einer Zeit, als Linux in aller Munde war", habe Dassault "bei seinen größeren Kunden eine Umfrage in Bezug auf Betriebssystem-Wünsche gemacht", berichtet ein Catia-Anwender, der damals ebenfalls Post von Dassault bekam. Der Anbieter habe seinerzeit mindestens 2000 Installationswillige für Catia unter Linux gesucht, berichtet ein anderer Anwender. Bereits zu diesem Zeitpunkt soll es eine fertige Linux-Version für Catia gegeben haben.