Kasse statt Klasse

20.03.1987

Die Hermes - Herren bitten jetzt Deutschlands Top - Manager aus den großen Anwender - Unternehmen zur Industrie - Messe nach Hannover. Wurden die Entscheider durch das CeBIT - Angebot etwa gar nicht angesprochen? Für die Messe - Verantwortlichen stellt sich das Zielgruppen - Problem so nicht: Alle CeBIT - Gänger sind Entscheider, jeder PC - Einsteiger ist Fachbesucher - basta!

Es kann also SMOG - Entwarnung gegeben werden für die Leine - Metropole (SMOG = Strategisches Messe - Marketing ohne Gewinn - Garantie). Nixdorf - Chef Klaus Luft berichtete von Großaufträgen: verdienter Lohn für die Messe - Mühen - aber man weiß ja, wie derartige "Adhoc" - Geschäfte zustande kommen. Der Paderborner MDT - Dynamiker war es auch, der am Aschermittwoch eine Volte schlug, als er für sein Haus die CeBITkurzerhand zur Welt - Wald - und - Wiesen - Veranstaltung deklarierte. O - Ton Luft: "Dieses Schaufenster ist einmalig in der Welt."

Doch zurück zur Eingangsfrage: Es ist ein Gerücht, daß die Vorstände der großen Industrie Unternehmen - wie ehedem - zahlreich an der Leine vertreten waren. Tatsache ist: Die Branchen - Insider waren weitgehend unter sich. CeBIT ein PC - Schnupper -Service, aber auch ein OEM - Forum, eine Wiederverkäufer - Messe? Warum nicht. Der Bedarf für ein derartiges Motivationsmeeting der DV - Marketing - People ist durchaus vorhanden.

Aber rechtfertigt das den Aufwand? Die Messe ist ja kein Selbstzweck. Die DV -Aussteller dürften indes für die CeBIT - Teilnahme insgesamt rund 1,5 Milliarden Mark ausgegeben haben, geht man von einem durchschnittlichen Messebudget von einer Million Mark aus. Die Messegesellschaft macht Kasse - die Zeche zahlt letztlich der Anwender. Das scheint einige Aussteller geleitet zu haben, in Hannover kürzerzutreten.

Beispiel DEC: Der Mini - Marktführer hat sein CeBIT - Engagement behutsam reduziert: Es gab keine Hardware mehr auf den Digital - Ständen - so konnte Personal eingespart werden. Das arbeitete derweil anderswo: vor Ort nämlich, im Feld beim Kunden. Ist DEC neben CeBIT - Abstinenzlern wie Prime, Control Data, Computervision, Intergraph, Concurrent, Tektronix, Daisy und Calay (alles hochkarätige CAD / CAM - Anbieter) der eigentliche Messe - Gewinner?

Für Big - Blue - Beobachter, die kritische Distanz zum Mainframe - Marktführer halten, kommt der Umsatzeinbruch der IBM Deutschland nicht überraschend.

1) Umwandlung Miete in Kauf ist mangels Masse kaum mehr möglich.

2) Dezentralisierung induziert nicht automatisch einen Mainframe - Mehrbedarf.

Die Hardware zählt

3) Der Produktpolitik im mittleren Bereich ("Schrägstrich" - Maschinen) fehlt die klare Linie. 4) Der PC - Markt wird überschätzt.

5) Das IBM - Software - Angebot reicht nicht.

Daß eine geläuterte IBM Deutschland jetzt auf "weiche" Welle schaltet (Wandlung zum Software - und Service - Unternehmen), zeugt auch nicht gerade von Weitblick: In Multi - vendor - Umgebungen, die sich an herstellerunabhängigen Standards ausrichten, wird sich bei den Anwendern endlich ein Systemverständnis entwickeln, das auf die - ohnehin fragwürdigen - Lösungskrücken der sogenannten Standardsoftware verzichten kann. Für die Hersteller heißt das: Die Hardware zählt.