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Kartellverfahren: Jackson macht kurzen Prozess

25.05.2000
Droht eine Dreiteilung von Microsoft?

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Überraschend lehnte Richter Thomas Jackson gestern Microsofts Antrag auf eine Verlängerung der Verhandlungen im laufenden Kartellverfahren ab. Als ein Anwalt des Softwarekonzerns erneut um Aufschub bat, entgegnete Jackson ungeduldig : "Dieser Fall wird seit zwei Jahren verhandelt." Der Richter erstaunte die beiden gegnerischen Parteien, Microsoft auf der einen und das US-Justizministerium sowie 19 US-Bundesstaaten auf der anderen Seite, mit der Bemerkung, die von der Anklage vorgeschlagene Zweiteilung der Gates-Company sei nicht ausreichend. Dadurch würden aus einem Monopolisten zwei werden. Statt dessen befürwortete er den Entwurf des Vorschlags zweier Verbände, die eine Dreiteilung des Softwarekonzerns nahe legen. Es handele sich dabei um ein "exzellentes Papier", sagte Jackson. David Boies, Chef-Anwalt der Anklage, erklärte, die Regierung habe ebenfalls über eine Dreiteilung

nachgedacht, diesen Plan jedoch wieder verworfen, da der Schaden für die Verbraucher wahrscheinlich zu hoch sei.

Um die Regierungsforderung nach harten Sanktionen gegen Microsoft zu unterstützen, legte Boies gestern zwei E-Mails vor, die Microsoft-Chairman und Chief Software Architect Bill Gates noch während des laufenden Kartellverfahrens an einige Mitarbeiter geschickt hat. In der einen geht es darum, dass Microsoft die Hersteller von Handheld-Computern dazu bringen wollte, Windows CE für PDAs (Personal Digital Assistants) zu verwenden. Gates schlug darin sinngemäß vor, die Windows-Systeme für den PC derart zu verändern, dass man nur mit Handhelds darauf zugreifen kann, die das Pocket-PC-System von Microsoft nutzen. Andere PDAs wie Palm oder Psion wären somit außen vor. In der anderen E-Mail erklärte er den Mobiltelefonhersteller Nokia quasi zum Feind, da er sich dem Konsortium Symbian angeschlossen hat, das konkurrierende Technologie für intelligente Handys entwickelt. Gates beklagte, dass Symbian vor allem Java, die Programmierumgebung des Erzrivalen Sun

Microsystems, unterstütze. Sein Kommentar dazu: "Wer Sun benutzt, erklärt uns den Krieg." Für Chef-Ankläger Boies ist damit klar, dass Microsoft auch während des laufenden Kartellverfahrens seine Geschäftspraktiken nicht geändert hat. Das Unternehmen sei weiterhin bestrebt, seine führende Marktposition auszunutzen.

Die Anklage hat nun bis Freitag Zeit, ihren Vorschlag zur Bestrafung von Microsoft neu zu formulieren. Ob die Regierung ihre bisherigen Zweiteilungspläne nach der gestrigen Anhörung verändern wird, ist noch unklar. Nach der Vorlage der möglichen Sanktionen hat Microsoft 48 Stunden Zeit, darauf zu reagieren. Spätestens am Mittwoch nächster Woche könnte Jackson sein endgültiges Urteil fällen. Anschließend will der Softwaregigant in die Revision gehen, da eine Zerschlagung des Konzerns nun beschlossene Sache zu sein scheint.

Daniel Rubinfeld, Juraprofessor der University of Berkeley, schließt aus den Äußerungen des Richters: "Die Frage lautet nicht mehr, ob es eine Aufteilung gibt, sondern welche Form sie haben wird." Randal Picker, Juraprofessor an der University of Chicago Law School, weist darauf hin, dass sich das Verhältnis zwischen Microsoft und Richter Jackson auch während der langen Prozessphase nicht verbessert hat. Das liege vor allem an einer bestimmten Eigenart der Redmonder: "Bill Gates und Paul Allen sowie die zwölf Jungs in der Garage sind der Ansicht, dass Regeln für sie nicht gelten. Sie sind sich ihrer Verantwortung als Marktführer offenbar nicht bewusst."