Auf richtige Formulierungen achten

Karrierefalle Arbeitszeugnis

28.12.2012
Ein Zeugnis kann Türen öffnen oder den beruflichen Aufstieg verbauen. Beschäftigte können den Inhalt ihres Arbeitszeugnisses durchaus beeinflussen.

Drei Monate nach seinem Jobwechsel stellt Hubert H. fest, dass er noch kein Zeugnis erhalten hat. Er wusste nicht, dass Arbeitnehmer das Zeugnis selbst anfordern müssen - am besten nachweisbar schriftlich mit dem Wunsch nach einem "qualifizierten Arbeitszeugnis". Ist im Arbeitsvertrag keine Frist genannt, gilt eine dreijährige Verjährungsfrist. Bis dahin kann Hubert H. grundsätzlich ein qualifiziertes Zeugnis fordern. Will er aber sein Zeugnis geändert, ergänzt oder berichtigt haben ("Berichtigungsanspruch"), muss er sich binnen sechs bis zehn Monaten bei seiner alten Firma melden. Sonst kann diese davon ausgehen, "dass keine Ansprüche geltend gemacht werden".

Eine Bilanz der Erfolge

Rechtsanwalt Robert Mudter: Personaler verwenden oft Textbausteine."
Rechtsanwalt Robert Mudter: Personaler verwenden oft Textbausteine."
Foto: Mudter Robert

Mitarbeiter haben auch viele Möglichkeiten, den Inhalt des Zeugnisses zu beeinflussen. "Personaler verwenden oft Textbausteine aus Standardprogrammen und setzen das Zeugnis je nach Qualifikation, Aufgabenspektrum und Hierarchieebene nach einer Notenskala wie ein Puzzle zusammen", verrät Arbeitsrechtler Robert Mudter, der in Frankfurt am Main eine Kanzlei für Arbeitsrecht führt. Textbausteine mit allgemein gültigen Formulierungen helfen aber nicht weiter, ihnen fehlt die individuelle Note. Die Leistung muss so genau beschrieben sein, dass sich der künftige Arbeitgeber ein genaues Bild machen kann. Im Fall von Hubert H., der lange im Vertrieb eines internationalen TK-Unternehmens beschäftigt war, stellte sich die Frage, ob seine Umsatzerfolge im Zeugnis exakt benannt werden können.

"Viele Bewerber fragen nach ihren Erfolgen erst dann, wenn sie ein Vorstellungsgespräch vorbereiten oder ein Arbeitszeugnis brauchen", weiß Wolfgang Wagner von der Beratung Bewerber Consult. Besser sei es, fortlaufend eine "Jobbilanz" zu erstellen, die Erfolge auflistet und zeigt, wie diese erreicht wurden. Dank dieser Jobbilanz konnte auch Hubert H. im Gespräch mit seinem alten Chef seine Erfolge belegen und erhielt ein detailliertes Zeugnis.

Klage als letzte Ausweg

Im Arbeitszeugnis sollten die Leistungen genau beschrieben werden
Im Arbeitszeugnis sollten die Leistungen genau beschrieben werden
Foto: nmann77 - Fotolia.com

Häufiges Streitthema ist der Wortlaut: Selbst wenn der ausscheidende Mitarbeiter das Zeugnis formuliert, kann er nicht sicher sein, dass der Arbeitgeber diese Version akzeptiert. Dies musste Axel Z. erleben, als er nach mehr als fünf Jahren kündigte. Im Zeugnis reihte er Erfolg an Erfolg, wartete dann aber vergeblich auf die Unterschrift des Ex-Chefs. Der zog sich auf die Beurteilungen zurück, die er Axel Z. alle sechs Monate ausgestellt und die dieser unterschrieben hatte. In einer stand, dass "Führungsaufgaben noch nicht möglich sind, eine fachliche Weiterbildung angeraten scheint und aufgrund wechselnder Einsatzbereitschaft eine Leistungssteigerung erwünscht" sei. Axel Z. sah eher die Entwicklung der ganzen fünf Jahre und wollte sich mit einer durchschnittlichen Beurteilung nicht zufrieden geben. Bewerber-Coach Wagner kennt das: "Wo Karriere draufsteht, ist manchmal Krise drin. Der Start in die erste Reihe wird oft durch Lebenslauflücken und durchschnittliche oder missverständliche Zeugnisse verbaut."

Lohnt sich ein Rechtsstreit? Arbeitsrechtler Mudter hält ihn für den letzten Ausweg, da eine Klage gegen den alten Arbeitgeber zum Karrierehindernis im neuen Job werden könne.

Kompromiss finden

Im Falle von Axel Z. zeigte sich in Gesprächen zwischen Coach Wagner und dem alten Arbeitgeber schon bald dessen Motiv: Z. war zum Wettbewerber abgewandert, sein früherer Chef hatte also kein Interesse, seine Leistungen besonders zu loben und ihm dem Konkurrenten damit zu empfehlen. Z. handelte einen Kompromiss aus und ergänzte seine Zeugnisdokumentation um eine positive Referenz eines Geschäftspartners.