Karriere als lebenslanges Projekt

06.09.2005
Von in Ingrid

Als eine weitere berufliche Entscheidung anstand, ignorierte der Raumfahrtexperte abermals ferne Galaxien ebenso wie eine mögliche Karriere im Flugzeugbau und entschloss sich 1984 zum Wechsel in die damals noch junge IT-Branche. Bei der 1969 gegründeten Gesellschaft für Elektronische Informationsverarbeitung mbH (GEI) in Aachen begann die IT-Karriere von Kellner: "Leute mit Projekterfahrung wurden gesucht, weil Kunden zunehmend ganzheitliche Systemverantwortung von ihren Lieferanten forderten." Bereits fünf Jahre später war er Niederlassungsleiter mit einem Team von 38 Mitarbeitern, einige Jahre später waren es 270 Mitarbeiter, und Kellner stieg in die Geschäftsführung auf.

Seit 1990 gehörte GEI zum Debis Systemhaus, 2000 wurde beides an T-Systems verkauft. Zu diesem Zeitpunkt war Kellner Vorsitzender der Geschäftsführung. 2004 verließ er nach 20 Jahren das Unternehmen, zwei Jahre vor Ablauf seines Vertrages. "Perspektiven für 55-Jährige sind begrenzt", kommentiert Kellner lakonisch. Im Rahmen der Umstrukturierung wurde GEI als eigenständige Einheit aufgelöst und dem ehemaligen Geschäftsführer eine andere Position angeboten. Doch nach vielen Jahren in einer eigenverantwortlichen Stellung gab es in dem fusionierten Unternehmen kaum neue Herausforderungen für ihn.

Adalbert Kellner, pth: "Perspektiven für 55-Jährige sind begrenzt."

Die Lebensplanung des dreifachen Familienvaters sah vor, die über lange Jahre üblichen 60- bis 70-Stunden-Wochen auf ein vernünftiges 40-Stunden-Pensum zu reduzieren: "Ich hatte immer einen Neuanfang als selbständiger Berater im Hinterkopf; ich wollte mein umfangreiches Wissen weitergeben und einen Gang zurückschalten." Versäumtes wollte er ebenfalls nachholen. "Die Erziehungs- und Familienarbeit für unsere drei Töchter hat hauptsächlich meine Frau übernommen, obwohl auch sie immer berufstätig war", gibt Kellner unumwunden zu. "Allerdings war es für die Familie eine Umstellung, als ich plötzlich Zeit für sie hatte."

Kellner gönnte sich eine sechsmonatige Auszeit, bevor er im Oktober 2004 den Weg in die Selbständigkeit wagte. Mit seinem dichten Kontaktnetz und einem reichen Erfahrungsschatz fühlte sich der Mittfünfziger gut auf den Neuanfang vorbereitet. "Zunächst lief es sehr schleppend, das hat mich überrascht, denn erst ab Februar 2005 hatte ich die ersten Projekte", berichtet er über die anfängliche Durststrecke.