Karlsruhe prüft Online-Durchsuchung

10.10.2007
Ab heute befasst sich das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe mit der heftig umstrittenen Online-Durchsuchung von Computern. Konkret geprüft wird das Verfassungsschutzgesetz in Nordrhein-Westfalen, wo das Ausspähen privater Computer seit Ende vergangenen Jahres zulässig ist.

Gegen das Landesgesetz hatten unter anderem der ehemalige Innenminister Gerhart Baum (FDP), ein Mitglied der Linkspartei sowie mehrere Rechtsanwälte Beschwerde eingelegt. In ihren Augen verstößt die in Nordrhein-Westfalen per Gesetz erlaubte Online-Durchsuchung gegen Grundrechte wie die Unverletzlichkeit der Wohnung, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung sowie das Fernmeldegeheimnis. Mit einer Entscheidung der obersten Verfassungsrichter wird frühestens Anfang 2008 gerechnet.

Für Karlsruhe hat das anhängige Verfahren aber offenbar bundespolitische Bedeutung: "Die Online-Durchsuchungen müssen sich an der strengen Karlsruher Rechtsprechung zum Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung messen lassen", stellte Gerichtspräsident Hans-Jürgen Papier im Vorfeld der Verhandlungen klar. Entsprechend wahrscheinlich ist es, dass das Urteil Einfluss auf die vom Bundesinnenministerium angestrebte Neuregelung hinsichtlich dahin gehend erweiterter Befugnisse des Bundeskriminalamts (BKA) haben wird. Besonders heftige Kritik hatten zuletzt Pläne von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) ausgelöst, nach denen es dem BKA künftig gestattet sein soll, mittels manipulierter, angeblich von Behörden stammender E-Mails Schnüffelsoftware ("Bundestrojaner") auf Rechner Verdächtiger zu schleusen.

"In Nordrhein-Westfalen gibt es keine Online-Durchsuchung, sondern den zielgerichteten Zugriff auf Kommunikationsdaten", stellte indes Karl Peter Brendel, Staatssekretär des nordrhein-westfälischen Innenministers Ingo Wolf, gegenüber "Sueddeutsche.de" klar. Anders als beim Bund, der die heimliche Durchsuchung privater PCs anstrebe, müssten zudem konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass diese Maßnahme der Aufklärung etwa geplanter Terroranschläge diene. Auch sei in Nordrhein-Westfalen der Zugriff auf informationstechnische Systeme lediglich dem Verfassungsschutz und nicht etwa der Polizei gestattet – eine Befugnis, von der bislang allerdings noch kein Gebrauch gemacht worden sei. (kf)