Landgericht Limburg entscheidet Iieferantenfreundlich:

Kapazität eines Bürocomputers

20.09.1985

Bürocomputeranwender haben einen schweren Stand, in einem Rechtsstreit dem Gericht klarzumachen, daß der verkaufte Bürocomputer zu klein sei. Urteile in solchen Streitigkeiten mögen formell korrekt sein. Dem Fachmann bleibt jedoch oft das Gefühl, daß der Fall wahrscheinlich ganz anders gelagert war.

Beim Urteil des LG Limburg vom 16. September 1983 (4 O 326/82) ging es darum, daß die Klägerin einen Bürocomputer im Werte von etwa DM 45 000, - gekauft hatte. Die Klägerin klagte auf Rückzahlung des Kaufpreises, weil die Diskettenkapazität zu klein sei: Für 5000 Kunden würde sie 5 Mio. Stellen benötigen, habe aber nur eine Kapazität von 500 000 Stellen zur Verfügung.

Alsbald nach der Installation des Computers war es zu einer Vereinbarung zwischen den Parteien gekommen, nach der die Klägerin auf den Einsatz der Finanzbuchhaltung verichtete und die Beklagte den Comuputer für DM 6300, - aufrüstete; diese Kosten sollten geteilt werden.

Die Klägerin behauptete, daß die Beklagte bei den Vertragsverhandlungen zugesichert habe, daß der Computer für 5000 Kunden geeignet sei. Es habe sich jedoch bald herausgestellt, daß er bereits bei vorhandenen 2500 Kunden total ausgelastet sei.

Das Gericht wies die Klage ab.

Entscheidungsgründe

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und dem Ablauf der Geschehnisse kann nicht davon ausgegangen werden, daß die Beklagte die Klägerin getäuscht oder ihr falsche Zusicherungen hinsichtlich der Speicherkapazität des Computers gegeben hat.

Soweit die Klägerin vorträgt, sie benötige eine Maschine mit einer Speicherkapazität von 5 Mio. Stellen, während die gelieferte nur rund 500 000 speichern könne, übersieht sie, daß diese um fast das zehnfache größere Speicherkapazität zur Zeit des Vertragsabschlusses von ihrer Seite aus wesentlich höhere Aufwendungen erfordert hätte. Nach dem Beweisergebnis und dem Verhalten der Klägerin, auf das noch einzugehen sein wird, kann nur geschlossen werden, daß sie die Anschaffung der Maschine alsbald bereut hat. Möglicherweise deshalb, weil infolge der schnellen technischen Fortschritte auf dem Computersektor und den rasch sinkenden Preisen schon kurze Zeit spater ein Gerät mit weit größerem Speicher zu dem Preis hätte bezogen werden können, den sie selbst für die inzwischen überholte Maschine zahlen mußte."

Das Gericht bezieht sich auf eine Zeugenaussage, wonach "von 3000 Kunden gesprochen worden sei, wobei der Inhaber der Beklagten ständig davon gesprochen habe, daß es doch viel weniger aktuelle Kunden seien und daß der Kundenstamm auf die aktuelle Zahl rationalisiert werden solle....

Auf der einen Seite wurde angeblich eine Kapazität für 5000 Kunden gefordert. Auf der anderen Seite wurde durch den unmißverständlichen Hinweis auf die Rationalisierung nur auf aktuelle Kunden klar gestellt, daß noch nicht einmal alle vorhandenen Kunden erfaßt werden konnten.

Schon nach diesen von den Zeugen geschilderten Gesprächen ist ausgeschlossen, daß die Beklagte eine Speicherkapazität von 5000 Kunden zugesichert oder vorgespiegelt hat. Letztlich wird dies aber auch durch das Verhalten der Klägerin selbst bestätigt (wird ausgeführt).

Hiernach steht zur Überzeugung der Kammer fest, daß vor und bei Vertragsschluß eine Speicherkapazität für 5000 Kunden auf einer Diskette keine Voraussetzung für den Vertragsabschluß war. Hiergegen sprechen nicht nur die eindeutigen Zeugenaussagen, sondern auch das Verhalten der Klägerin. Spätestens in der Anlaufphase erfuhr sie bereits durch den Zeugen B 1, daß der Computer dies nicht leisten konnte. Dennoch rügte sie diesen Mangel nicht sofort, ja nicht einmal in ihrem Schreiben vom 24. Feburar 1981.

Letztlich spricht auch noch die am 9. Oktober 1981 getroffene Vereinbarung eindeutig dafür, daß die Schwierigkeiten offenbar auf den geänderten Wünschen und den nunmehr höheren Anforderungen der Klägerin beruhten. Wäre, wie von ihr behauptet, die Kundenzahl 5000 schon bei Vertragsschluß wesentlich gewesen, ist es nicht verständlich, warum sich die Klägerin dann noch auf eine für sie insgesamt ungünstige Lösung trotz anwaltlicher Beratung eingelassen hat.

Anmerkung

Die Klägerin hat zu plump vorgetragen: Um etwa doppelt so viele Kunden, nämlich nicht nur 2500 sondern 5000, speichern zu können sollte 10 mal soviel Speicherkapazität erforderlich sein. Das Gericht hielt eine entsprechend grobe Täuschung seitens des Lieferanten über die erforderliche Kapazität anscheinend für unwahrscheinlich und hinterfragte dementsprechend das Verhalten des Anwenders: Gedankenscharf, aber ohne Kenntnisse der Branche für kleine Bürocomputer und vom Lieferanten mit guten Gegenargumenten versorgt.

Das Gericht zog sich hier in der für EDV-Prozesse typischen Weise auf das Argumentationsmuster zurück: Das tatsächliche Verhalten, hier der Abschluß der nachträglichen Vereinbarung, spreche dagegen, daß die Kritik berechtigt sei.