Kann man die Preise der Minicomputer miteinander vergleichen?Mega-Byte zu Mega-Mark

02.05.1975

". . . und dann müssen Sie noch ein Interface kaufen, um den Drucker anschließen zu können. Das kostet 5000 Mark. Außerdem brauchen Sie noch einen Floating-Point-Prozessor, wenn Sie wissenschaftlich, arbeitend wollen. Der kostet 4000 Mark." Natürlich gibt es alle diese Einrichtungen bei Minis. Es muß sie geben, denn gerade für die Prozeßrechnerei geht es ohne ja nicht . . .

Die Marketing-Konzeption der amerikanischen Töchter in Deutschland ist eine andere als die der eingesessenen deutschen Firmen. Die Preise. die die amerikanischen Töchter nennen, beziehen sich im allgemeinen auf nackte CPU-Einheiten. Hier kommt es dann zu Faustziffern, die dem Einkäufer, der ohnehin keine Marktübersicht mehr haben kann, das einzig mögliche Kriterium zu sein scheint: X Mark für Y Kilo Byte.

Häufig vergessene Zusätze

Der Ehrgeiz, möglichst viele Kilo Byte für möglichst wenig Geld zu bekommen, hat dazu geführt, daß man sehr häufig sich gar nicht die Mühe macht, das deutsche Angebot hinreichend zu studieren, denn man ist wohl der Meinung, dies sei sowieso "out". Diese Art von andersartiger Nacktkonzeption führt aber dann letzten Endes dazu, daß der Kunde, der Anwender, sich möglicherweise auf eine Lösung einläßt, die, wenn er es richtig besieht, infolge der ständigen Erweiterung durch Zusatzeinrichtungen doch eine teurere ist. Wie sehr hier aus dem Vollen geschöpft wird, zeigt die Höhe des Kaufpreises für Parity-Prüfeinrichtungen bei den meisten amerikanischen Herstellern. Diese Parity-Prüfeinrichtungen haben nur dann Zweck, wenn bereits der gesamte Arbeitsspeicher dementsprechend ausgelegt worden ist. Dann kann durch eine Zusatzeinrichtung tatsächlich auf Parität geprüft werden. Aber diese Einrichtung ist optional. Wenn ein Kunde Gebrauch von ihr machen will, bezahlt er für die aus wenigen Gattern bestehende Schaltung zwischen 10 000 und 20 000 Mark. Bei den zum deutschen Standard gehörenden Prozeßrechneranlagen sind diese Einrichtungen standardmäßig vorhanden, da mehr als 90 Prozent der Anwender sowieso nicht darauf verzichten können. Die Vergleiche, die sehr häufig schon auf der Basis vorläufiger Angebotspreise durchgeführt werden, benachteiligen deswegen im allgemeinen zu Unrecht die deutschen Angebote.

Kühne Behauptungen

Da gibt es Vertriebsgesellschaften für amerikanische Produkte, die sehr kühn behaupten, sie seien die ersten, die einen so großen Rechner (zum Beispiel eine Million Bytes) in einem einzigen Schrank normaler Baugröße untergebracht hätten - welch ungeheuere Leistung. Leider müssen sich diese Herrschaften vorwerfen lassen, daß sie bezüglich des Konkurrenzangebotes wohl zu wenig Untersuchungen angestellt haben. Da werden dann auch die neuesten Cache-Speicher-Prinzipien behauptet und als Top-Hit ausgepriesen, während derlei Dinge auch im Inland gang und gäbe sind.

Das große Schweigen

Im Prinzip unterliegt auch jede Anlage, die in Deutschland installiert wird, beim Einsatz für gewerbliche Zwecke der Gewerbeaufsicht und der Zulassung durch den Technischen

Überwachungsverein sowie der Prüfung durch das fernmeldetechnische Zentralamt. Das bedeutet, daß eine solche Anlage in jedem Fall den VDE-Vorschriften genügen muß und daß sie außerdem sich der in Deutschland gültigen Norm für Störstrahlungsunterdrückung unterwirft. Ein Teil des Import-Equipment erfüllt die Vorschriften nicht. Der Kunde ist dann gezwungen, mit einem Riesenaufwand in hauseigener Elektrowerkstatt entsprechendes nachzuvollziehen und gegebenenfalls einen ordentlichen Faraday-Käfig um seine Anlage herum zu bauen. Bei vielen der Importgeräte kann man in die Schaltung hineinsehen, das heißt, das Glas, das zur Abdeckung davor ist, bietet mit Sicherheit keine Störstrahlungsunterdrückung.

Sieht man sich dagegen den einen oder anderen Schrank bei innerdeutschen Herstellern an, so fällt auf daß relativ robuste Blechtüren Vorderseite und Rückseite abschirmen und dicke Drahtkäfigschläuche gegen vagabundierende Hochfrequenzstrahlung Schutz bieten.

Natürlich sind diese Zusammenhänge den Insidern der Branche klar. Andererseits ist der Markt kein Kindergarten. Aber gerade deswegen müssen sich die Importeure gefallen lassen daß man ihre Erzeugnisse kritisch unter die Lupe nimmt.

_AU: Ch. Heitz