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Kampf gegen Werbeterror am Telefon - Politik erwägt schärfere Gesetze

13.09.2007
Sie sind zur regelrechten Plage geworden. "Wollen Sie ihre Handygebühren senken?" Oder: "Sie haben eine Reise gewonnen, wenn Sie dieses Zeitschriftenabo abschließen."

Mit solchen Lockanrufen werden jeden Tag zigtausende Bundesbürger genervt. Gegen den Telefon-Terror will die Bundesregierung nun mit härteren Gesetzen vorgehen. Mit unerlaubter Telefonwerbung befassen sich bis Freitag noch auch die Verbraucherschutzminister von Bund und Ländern auf einer Konferenz in Baden-Baden.

Allein im vergangenen Jahr prasselten laut Marktforschungsunternehmen GfK rund 300 Millionen ungebetene Werbeanrufe auf die Verbraucher ein. Jüngsten Umfragen zufolge fühlen sich 86 Prozent der Deutschen durch unlautere Telefonwerbung belästigt. Zwei Drittel (64 Prozent) wurden in den letzten Monaten ohne Einwilligung von einem Unternehmen angerufen. Angeboten werden Verträge für Mobilfunkanschlüsse, Gewinnspiele oder Beteiligungen an Finanzfonds. Leichte "Opfer" sind ältere Menschen. Aber auch immer mehr Jüngere fallen auf die Tricks herein.

Zulässig sind solchen Anrufe nur, wenn der Verbraucher vorher eingewilligt hat. Teuer wird so ein Gespräch, wenn ein abgeschlossener Vertrag im Briefkasten landet und die Telefonwerber auf dessen Einhaltung pochen. Verbraucherschützer und einige Bundesländer dringen daher schon lange auf schärfere Regelungen. So dürften auch die per Telefon geschlossenen Verträge nur mit schriftlicher Bestätigung gültig werden. Nach Auffassung des Bundesverbands Verbraucherzentralen ist es grotesk, dass seit Juli 2004 Telefonmarketing ohne vorherige Einwilligung zwar verboten ist, ein dabei geschlossener Vertrag aber gilt.

Nach Willen von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) soll nun ein neues Widerrufsrecht Abhilfe schaffen. Damit können künftig vermeintliche Vereinbarungen annulliert werden. Unseriöse Firmen, die sich über das bereits bestehende Verbot unerlaubter Anrufe hinwegsetzen, riskieren Bußgelder bis zu 50 000 Euro. Das neue Gesetz soll bis Mitte 2008 in Kraft treten. Die von vielen Werbeanrufern praktizierte Rufnummernunterdrückung soll ebenfalls verboten und mit einem Bußgeld belegt werden.

SPD-Verbraucherpolitiker halten ein neues Widerrufsrecht für viel zu schwach. Auch nach Auffassung von Baden-Württembergs Verbraucherschutzminister Peter Hauk (CDU) springt Zypries damit zu kurz. Er fordert, dass am Telefon zustandegekommene Verträge von vorneherein unwirksam sind. Es müsse klar sein, dass der, der ein illegales Geschäft betreibe, "mit seinem Geschäftsgebaren keine wirksamen Verträge abschließen" könne.

Derzeit können sich Verbraucher nur wehren, indem sie sich an die Verbraucherzentralen oder an die Zentrale zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs in Bad Homburg wenden. Diese Organisationen haben Klagebefugnis. Außerdem können die Betroffenen die Telefonnummer der unerwünschten Anrufer an die Bundesnetzagentur weiterleiten oder ihre eigenen Daten in die sogenannte Robinsonliste eintragen lassen, mit der Werbung per Telefon gestoppt werden kann.

Den Verbraucherzentralen zufolge bringen Vertragsstrafen wie jüngst gegen das Telekommunikationsunternehmen tele2 nur wenig. "Viele Firmen machen dann trotzdem weiter. Das zeigt, wie lukrativ das Geschäft ist und wie wenig wirksam die finanziellen Daumenschrauben sind", weiß Ronny Jahn von der Berliner Verbraucherzentrale. Anderer Auffassung ist der Vizepräsident des Deutschen Direktmarketing-Verbandes, Patrick Tapp. "Wir haben kein Gesetzesdefizit, sondern ein Vollzugsdefizit. Das bestehende Ordnungsgeldverfahren reicht in seiner Härte vollkommen aus, Telefon-Spam zu beenden." (dpa/tc)