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Kalter Krieg jetzt plötzlich digital?

08.10.1999

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Der oberste Datenhüter der Vereinigten Staaten, Michael Vatis vom Federal Bureau of Investigation (FBI), hat einen Ausschuß des US-Senats davon in Kenntnis gesetzt, daß russische Computer-Hacker seit mehr als einem Jahr regelmäßig von Moskau aus in sicherheitsrelevante US-Computer (unter anderem im Verteidigungsministerium, bei der Nasa und anderen Behörden sowie in der privaten Wirtschaft) eingedrungen sind, um dort sensible Daten auszuspionieren. Im Rahmen der Aktion "Moonlight Maze" hatte das FBI die Aktivitäten der Spione seit geraumer Zeit verfolgt. Vatis hatte in seinem Bericht auch den russischen Geheimdienst mit ins Spiel gebracht, obwohl die Urheber der Attacken bislang nicht ausfindig gemacht wurden.

Boris Labusov, Chef der russischen Auslandsspionage, hat die Anschuldigungen vehement von sich gewiesen. "Sie glauben doch nicht im Ernst, daß russische Geheimdienste so dumm wären, derartige Aktionen direkt von Moskau aus zu starten, oder?" gab der Oberspion zu bedenken. "Seit Jahrzehnten schreibt man darüber, wie clever das KGB und die übrigen russischen Dienste sind. Warum sollten wir plötzlich weniger klug vorgehen als in den letzten paar Jahren?" Labusov vermutet eher Amateur-Hacker oder Agenten ausländischer Mächte, die von Moskau aus operieren, hinter den Cyber-Attacken. Auch die russische Akademie der Wissenschaften, die in diesem Jahr ihr 275ähriges Bestehen feiert, stritt jede Beteiligung an der Netzspionage ab.