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Kalifornische CIOs sorgen für "The big one" vor

19.04.2006
Die meisten Unternehmen replizieren ihre Daten an weit entfernten Standorten.

Gestern, am 18. April, jährte sich zum hundertsten Mal das große Erdbeben von San Francisco. Im Vorfeld dieses Gedenktags haben viele kalifornische CIOs ihre Katastrophenpläne überarbeitet, berichtet die Computerwoche-Schwesterpublikation "Computerworld".

Eine staatliche Geologiestudie beziffert die Wahrscheinlichkeit, dass die Bay Area an der Westküste der USA innerhalb der nächsten 30 Jahre von einem weiteren Erdbeben der Stufe 6,7 oder höher heimgesucht wird, mit 62 Prozent. Ähnliches gelte auch für Südkalifornien, also den Raum Los Angeles.

Die Aussichten auf "The big one" - ergänzt durch die Erfahrung der verheerenden Wirbelwinde im vergangenen Jahr - haben vor allem die kalifornischen Unternehmen wach gerüttelt: Viele von ihnen, auch kleine und mittlere Organisationen, schmieden nun Pläne, wie sie die Unternehmensdaten und -systeme an einem relativ sicheren Ort up to date halten und bei Bedarf nahtlos übernehmen können. (Siehe zum Thema auch "Amerikanische Banken entwickeln Standards für die IT-Notfallplanung")

In the middle of nowhere

Zu diesen Unternehmen gehört HOB Entertainment Inc., ein in Santa Monica heimischer Veranstalter, der Clubs und Amphitheater an 25 Standorten verwaltet. HOB Entertainment hat im vergangenen Jahr hat ein Storage Area Network (SAN) installiert. Laut Adrian Black, seines Zeichens Manager of Network Operations, diskutiert das Unternehmen derzeit, inwiefern sich dieses Speichernetz auch für Recovery-Zwecke nutzen lässt.

Das Unternehmen betreibt unter anderem einen Amphitheater-Komplex in der Mitte des Staates Washington. Er wird in Kürze über eine Internet-Verbindung mit 100 Megabit pro Sekunde an die Zentrale angebunden - zusätzlich zu der bestehenden T1-Verbindung. Black und seine Management-Kollegen denken jetzt darüber nach, ob sich dort nicht ein Failover-System installieren lasse, in das die Unternehmensdaten kontinuierlich repliziert werden könnten.

Gehostetes Backup zu teuer

Auch Comarco Inc., ein in Irvine, Kalifornien, ansässiger Anbieter von Testsystemen für kabelloses Equipment, betreibt sein Disaster-Recovery-Zentrum in Washington - allerdings aus anderen Gründen: IT-Manager Sean Anderson wurde von Wildfeuern aus seinem südkalifornischen Heim vertrieben, zog nach Spokane und arbeitet nun von dort aus. Im vergangenen Herbst entschied das Unternehmen, dass es eine gute Idee sei, sein Backup-Rechenzentrum ebenfalls dort zu installieren. "Ich bin hier, Strom und Miete kosten wenig", begründet Anderson die Entscheidung. Sollten die Gebäude in Irvine zerstört oder unzugänglich sein, wären wöchentliche Backups in irgendeiner Außenstelle wenig hilfreich: Welchen Sinn haben Bänder, die in einem nicht mehr funktionsfähigen Gebäude eingespielt werden müssten.

Zunächst zog Comarco in Erwägung, Rechenzentrums-Platz bei einem Hosting-Anbieter zu mieten. Doch für ein Unternehmen, das nur etwa 50 Millionen Dollar im Jahr umsetzt, sei eine solche Lösung zu teuer, erläutert der IT-Chef. Stattdessen entschied die Company, ihre unternehmenskritischen Systeme - zu denen sie neben ERP, Datenbanken und Engineering-Source-Code auch das E-Mail-Programm Exchange zählt - in einem eigenen System zu replizieren. Sie installierte dafür Software von Double-Take.

Vierteilige Strategie

Dass ein E-Mail-Backup unternehmenskritsch ist, hat auch Costello & Sons Insurance Brokers Inc. festgestellt. Um seine Exchange-Dateien zu sichern, nutzt das Unternehmen mit Sitz in San Rafael, Kalifornien, das Softwareprodukt "NearPoint" von Mimosa Systems. Es speichert die Dateien auf Block-Ebene, so dass sie sich leichter replizieren lassen.

Die Recovery-Strategie von Costello & Sons umfasst insgesamt vier Teile, erläutert IT-Direktor Steven Perry. Zum einen gebe es in den Büros redundante Server: "Wenn einer von ihnen den Geist aufgibt, können wir ihn sofort wiederherstellen." Zum zweiten sei jede Information auf Tapes zu sichern, die in einer Bank auf der anderen Seite der Bay eingelagert würden. Drittens kämen nur externe Festplattenspeicher zum Einsatz, die bei Bedarf mitgenommen werden könnten. Und last, but not least gebe es ein "Doomsday Book". Dabei handelt es sich um einen Laptop mit 100-Gigabyte-Laufwerk und genug Batterie-Power, um das Geschäft etwa einen Tag lang aufrecht zu erhalten. Er wird jeden Abend außer Haus geschafft. (qua)