Reagan erwidert Brasiliens Protektionismus:

Kaffeekrieg zum Schutz der US-DV-Industrie

06.06.1986

BRASILIA/WASHINGTON (CW) - Gegen den Versuch der brasilianischen Regierung, unter dem Schutz protektionistischer Gesetze eine eigene Computerindustrie im Land aufzubauen. will die Reagan-Administration jetzt etwas unternehmen. Den Hebel setzen die USA bei Kaffee und Schuhen an. den Exportschlagern des südamerikanischen Landes.

Im Zuge der sich verschlechternden Inlandsnachfrage in den USA wendet sich die Reagan-Regierung jetzt zunehmend gegen die Handelshemmnisse anderer Staaten. Nicht nur Japan und die Europäische Gemeinschaft bekommen dies zu spüren - Stichwort Gummibärchenkrieg - sondern auch die wenig industrialisierten Länder. Brasilien etwa verfolgt seit den letzten Jahren der Militärregierung unter Joao Figueiredo eine Politik, die - auf Kosten ausländischer Importeure - aus dem Land eine moderne Industrienation machen soll. Für technische Produkte, die in Brasilien hergestellt werden können, gelten seitdem strenge Importbeschränkungen; auch die Höhe ausländischer Beteiligungen an brasilianischen Fabriken ist begrenzt.

Bisher werden lediglich Heimcomputer in dem Land gefertigt, das als achtgrößter Absatzmarkt für DV-Produkte in der westlichen Welt angesehen wird. Zwar ist auch in den stark industrialisierten Südstaaten Brasiliens das technische Know-how noch nicht so weit gediehen, daß die junge Elektronikindustrie konkurrenzfähige PC oder gar Mainframes produzieren konnte, aber die Wirtschaftsplaner in Washington beobachten die High-Tech-Ambitionen der Firmen im Amazonasstaat mit Argwohn. Allein schon bei den Kleinstrechnern seien der US-Industrie binnen fünf Jahren schätzungsweise 1,5 Milliarden Dollar an Umsatz verlorengegangen.

Die Abschottungspolitik ist inzwischen auch in Brasilia umstritten, doch Staatspräsident Jose Sarney hält noch am alten Kurs fest. Denn zunächst steht er vor dem Problem, die Inflation zu bremsen, die in den letzten Jahren regelrecht institutionalisiert worden ist: jeden Monat eine im voraus tariflich ausgehandelte Lohnerhöhung und eine neue offizielle Preisliste für die wichtigsten Produkte, Die Preissteigerung hatte ähnliche Ausmaße angenommen wie in Deutschland 1923. Und da stört jeder Abfluß von Devisen aus dem hochverschuldeten Land, das von der Ausfuhr von Massengütern lebt.

Im Interesse der US-Computerhersteller droht Ronald Reagan jetzt der Regierung in Brasilia mit einem Einfuhrstop von Schuhen, Kaffee und anderen Agrarprodukten. Doch auf die Dollars, mit denen diese Erzeugnisse bezahlt werden, ist das Land angewiesen, wenn es aus der wirtschaftlichen Misere herauskommen will. Kein Land der Erde hat nämlich höhere Auslandsschulden als Brasilien.