Noch schneller ins Internet

Kabelnetzbetreiber verschärfen Tempo

14.08.2015
Den Turbo einschalten und ab ins Netz. Und dann noch Fernsehen bis zum Umfallen und Telefonieren bis die Ohren rot werden: Die Kabelnetzbetreiber drehen alle Schleusen auf, um die Konkurrenz in Schach zu halten.

Kabelnetzbetreiber sind derzeit begehrt. In der Branche, in die sich 2014 der britische Mobilfunkriese Vodafone mit der Übernahme von Kabel Deutschland eingekauft und seine Festnetzsparte gestärkt hatte, herrscht hektisches Treiben. Auf dem wachsenden Markt für schnelle Internetzugänge und digitales TV versprechen sich die Kabel-Manager durch Turbonetze und größere Unternehmenseinheiten ein gutes Geschäft und langfristiges Wachstum.

Nun haben die großen Anbieter wie Kabel Deutschland und Unitymedia sowie der Branchendritte Telecolumbus ihre Quartalszahlen vorgelegt. Fazit: Bei allen Betreibern blühen die Internetprodukte mit zweistelligen Zuwächsen. Dabei zeigt sich vor allem bei Neukunden ein hohes Interesse nach immer schnelleren Internetzugängen.

Doch angesichts der vielen Mitspieler am Markt und einer begrenzten Zahl der Haushalte mit Kabelanschlüssen sind Zuwächse begrenzt. Es herrscht Verdrängungswettbewerb pur: Wer die schnellsten Netze hat, für die besten Dienste sorgt und Angebote aus einer Hand (Telefon, Mobilfunk, Internet und TV) bereitstellen kann, spielt mit in der obersten Liga der Telekom-Branche.

Dabei hat es in der Vergangenheit öfters Übernahmeversuche gegeben. Doch nicht wenige scheiterten am Einspruch des Bundeskartellamts - Fusionen auf dem Markt, der ohnehin von zwei großen dominiert wird, gelten als heikel. Als Objekt der Begierde gilt besonders die Berliner Telecolumbus, die vor wenigen Wochen Primacom - die Nummer Vier der Branche - geschluckt hatte. Derzeit wird dem US-Riesen Liberty Global, der auf dem deutschen Markt mit Unitymedia unterwegs ist, Kaufinteresse nachgesagt.

Treiber der Entwicklung ist vor allem die Nachfrage nach Surfgeschwindigkeiten. Vorreiter sind dabei keineswegs immer die Großen: Unter den Kabelnetzbetreibern hat derzeit Telecolumbus die Nase vorn. Durch den Zusammenschluss mit Primacom werde das Unternehmen sein Hochleistungskabelnetz auf die nächste Stufe heben, kündigte Firmenchef Ronny Verhelst bei der Vorlage der Quartalszahlen am Freitag in Berlin an.

Seit April bieten die Berliner als erster Anbieter ihren Kunden in Potsdam Übertragungsraten von 400 Megabit pro Sekunde. Das ist im Vergleich zur Konkurrenz die doppelte Geschwindigkeit. Doch bei Unitymedia oder Kabel Deutschland lösen solche Nachrichten keine Panik aus. "Das könnten wir mit unserer Technik auch anbieten", meint Marco Gassen von Kabel Deutschland. "Wir orientieren uns am Bedarf der Kunden und den Anwendungen, die auf dem Markt sind."

Grundsätzlich gilt: Internetzugänge über das Kabel sind derzeit deutlich schneller als DSL- und VDSL-Netze der klassischen Telekomfirmen. Zwar investiert der Branchenprimus Telekom massiv in Glasfaser und bohrt mit der sogenannten Vectoring-Technik seine Netze zu superschnellen Datenautobahnen auf. Aber Kabelnetze sind noch im Vorteil: Der Standard DOCSIS 3.0 erlaubt Datenraten, die bis auf 600 Megabit pro Sekunde hochgetrieben werden können - wenngleich die Kabelnetzbetreiber von solchen Geschwindigkeiten noch weit entfernt sind.

So arbeitet Kabel Deutschland derzeit fieberhaft daran, Datenraten von 200 Mbit/s in seinem ganzen Netz verfügbar zu machen. Von 2016 an soll das für zehn Millionen Kabel-Haushalte möglich sein. Unitymedia-Chef Lutz Schüler sieht den Anbieter in seinem Verbreitungsgebiet Nordrhein-Westfalen, Hessen und Baden-Württemberg mit Tarifpaketen, die ein Surftempo bis 200 Mbps enthalten, gut aufgestellt. "Das Pferd springt immer nur so hoch, wie es muss", sagt er gewöhnlich auf Fragen nach dem Ausbautempo der Netze.

Unterdessen treiben Kabelnetzbetreiber klassische Telefonfirmen und Mobilfunker auch an anderer Stelle in die Enge: Mit dem massiven Ausbau innerstädtischer WLAN-Netze. Kabel Deutschland sieht sich derzeit mit 750.000 Hotspots - unter anderem an öffentlichen Plätzen, in Cafés, Restaurants und Hotels - als Betreiber des größten deutschen WLAN-Netzes. Unitymedia kündigte vor wenigen Wochen in 100 Städten eine kostenlose Auffahrt auf die Datenautobahn über WLAN an. (dpa/tc)