Justizministerium wehrt sich gegen Vorwuerfe US-Anwender zeigen sich wenig beeindruckt vom Consent Decree

12.08.1994

MUENCHEN (CW) - Waehrend das US-Justizministerium sich gegen die Vorwuerfe in der Oeffentlichkeit wehrt, mit Microsoft beim Abschluss des Consent Decree zu lasch umgegangen zu sein, zeigen sich Anwender von dem Verhandlungsergebnis wenig beeindruckt.

Eine Untersuchung der CW-Schwesterpublikation "Computerworld" legt dar, dass 85 Prozent von 177 interviewten Anwendern sich in ihren Kaufentscheidungen durch das Ergebnis des Deals zwischen dem Softwareprimus und der US-Behoerde nicht beeinflussen lassen. Die Umfrage fand in Unternehmen mit mindestens 2500 Beschaeftigten statt. Nur neun Prozent der Teilnehmer sagten, das Consent Decree werde Einfluss auf ihr zukuenftiges Kaufverhalten haben.

Derweil muss sich das US-Justizministerium mit heftigen Vorwuerfen auseinandersetzen, gegenueber Microsoft eine viel zu laxe Haltung an den Tag gelegt zu haben. Anne Bingaman, Assistant Attorney General der Behoerde und federfuehrend in den Verhandlungen mit Microsoft, kann allerdings fuer die Anwuerfe wenig Verstaendnis aufbringen. Sie glaubt, die Justizbehoerde habe 100 Prozent dessen erzielt, was in der Kuerze der Zeit herauszuholen gewesen sei. "Und wir haben das am 18. Juli 1994 erreicht." Damit spielte sie auf die wahrscheinlich jahrelange Dauer eines Gerichtsverfahrens an, haette sich das Justizministerium zu einem Gang durch die juristischen Institutionen aufgerafft.

Mit Kartellrechtsangelegenheiten befasste US-Anwaelte pflichteten Bingaman bei. William Kovacic, Rechtsprofessor an der George Mason University in Fairfax, Virginia, meinte: "Microsoft-Konkurrenten haben sich vielleicht mehr erhofft. Aber sie unterschaetzen die Schwierigkeiten, ein Antitrust-Verfahren vor Gericht durchzuziehen und zu gewinnen."

Kollege Stephen Caulkins von der Wayne State University unterstuetzt das Argument, sieht er doch in einem wettbewerbsrechtlichen Gerichtsverfahren ein "sehr mutiges, weil riskantes Unterfangen, das nur ausserordentlich schwer zu gewinnen" ist.

Ausserdem, so Warren Grimes, Professor an der Southwestern University of Law in Los Angeles, haette eine haertere Gangart der Wettbewerbshueter eine sehr ausgekluegelte und moeglicherweise problematische Regulierung der gesamten Softwarebranche bedeutet. "Genau die Punkte, die von den Verhandlungspartnern nicht angegangen wurden, sind diejenigen, die Gerichtsverhandlungen schwierig machen koennen und die zu fragwuerdig sind, um in adaequater Weise in einem Consent Decree geklaert zu werden."

Grimes konzedierte allerdings auch, dass zuviel Zeit seit der Aufnahme des Verfahrens durch die US-Kartellrechtsbehoerde Federal Trade Commission (FTC) vor viereinhalb Jahren verstrichen sei. "Das war verschwendete Zeit. Vor drei Jahren haette es noch Sinn gemacht, solch ein Consent Decree abzuschliessen, weil es positive Auswirkungen auf Konkurrenzprodukte wie OS/2 oder DR-DOS gehabt haette."