Beim Vertragsabschluß heißt es Obachtgeben:

Juristische Haken und Ösen kennzeichnen DV-Leasing

26.04.1985

Dr. Friedrich Graf v. Westphalen*

Wer einen Computer leasen will, sollte sich rechtzeitig mit der Vertragsgestaltung auseinandersetzen. Dies schützt vor einem späteren bösen Erwachen. Hierbei sollte der potentielle Leasingnehmer auch prüfen, inwieweit Softwarefehler berücksichtigt sind. Ferner geht es um die Haftung des Leasinggebers und den Mängelbeseitigungsanspruch. Der nachfolgende Beitrag soll eine Orientierungshilfe sein.

Der Abschluß eines Leasingvertrages beschränkt sich beim DV-Leasing in der Regel auf die Hardware, während bei der Software ein Benutzungsvertrag mit dem jeweiligen Hersteller abgeschlossen wird. Gleichwohl sind Hardware und Software - ungeachtet der Tatsache, daß es sich um getrennte Verträge handelt - aufs engste miteinander verknüpft. Ob etwaige Mängel der Software jedoch den Leasingnehmer berechtigen, diese als Einwendung dem Leasinggeber im Rahmen des Hardwareleasingvertrags entgegenzuhalten, ist offen und keineswegs abgesichert.

Die zutreffende Lösung scheint darin zu liegen, trotz der Trennung beider Verträge dem Leasingnehmer die Berufung auf den "Wegfall der Geschäftsgrundlage" zu gestatten, sofern es sich um einen nicht behebbaren Mangel der Software handelt. Zur Konsequenz hat dies, daß dann der Leasingnehmer berechtigt ist, unter Hinweis auf Paragraph 242 BGB die Zahlung weiterer Leasingraten im Rahmen des Hardwareleasingvertrages gegenüber dem Leasinggeber zu verweigern.

Soweit möglich, sollte der Leasingnehmer danach trachten, ausdrücklich im Hardware-Leasingvertrag das Recht zu verankern, wegen unbehebbarer Mängel der Software den Leasingvertrag unter Berufung auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage beenden zu können. Denn die Rechtslage ist hier noch nicht abschließend geklärt. Gelingt dies nicht, so bleibt nur der Hinweis, bei Auswahl des Softwareunternehmens besondere Sorgfalt walten zu lassen. Dies gilt sowohl im Hinblick auf die kommerzielle Bonität dieses Unternehmens als auch auf, seine technische Kompetenz.

Es entspricht üblicher Konstellation beim DV-Leasing, daß sich der Leasinggeber von jeglicher Eigenhaftung, insbesondere im Zusammenhang mit Schadensersatz- und Gewährleistungsansprüchen freizeichnet. Statt dessen tritt der Leasinggeber dem Leasingnehmer die Ansprüche ab, die ihm, dem Leasinggeber, gegenüber dem Hersteller beziehungsweise Lieferanten des Leasingguts zustehen.

Es ist deshalb unerläßlich, daß sich der Leasingnehmer darüber informiert, welche Ansprüche ihm aufgrund dieser "Abtretungskonstruktion" gegenüber dem Lieferanten/ Hersteller des Leasingguts zur Seite stehen. Ist der Leasingnehmer Nicht-Kaufmann - darunter fallen auch Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und Rechtsanwälte - , so ist der Leasinggeber gemäß Paragraph 2

AGB-Gesetz verpflichtet, dem Leasingnehmer Kenntnis vom Inhalt der Ansprüche zu verschaffen, die Gegenstand dieser Leasing-typischen

"Abtretungskonstruktion" sind.

Fazit: Der Leasinggeber hat in der Regel am Zustandekommen des Leasingvertrages lediglich ein Finanzierungsinteresse. Dies wird von der BGH-Judikatur beim Finanzierungsleasing respektiert. Folglich ist es dem Leasinggeber gestattet, sich von der Eigenhaftung gegenüber dem Leasingnehmer freizuzeichnen, wenn er statt dessen dem Leasingnehmer die Ansprüche abtritt, die ihm, dem Leasinggeber, gegenüber dem Lieferanten/Hersteller des Leasingguts zustehen. Dies bedingt grundsätzlich, daß der Leasingnehmer bei Abschluß des Leasingvertrages nicht nur die Leasing-Bedingungen, sondern auch die Vertragsbedingungen des Lieferanten/Herstellers des Leasingguts exakt prüft.

Vertragsbedingungen müssen exakt geprüft werden

Gerade beim DV-Leasing kommt es "Entscheidend darauf an, daß der Leasingnehmer die Übernahme- beziehungsweise Abnahmebestätigung gegenüber dem Leasinggeber erst dann ausspricht, wenn der Abnahmetest in allen Einzelheiten erfolgreich abgeschlossen ist. Gerade hier liegt die "Schnittstelle" zum Softwarelizenzvertrag, zumal der DV-Leasingvertrag erst dann wirksam wird, wenn die Übernahme- oder Abnahmebestätigung des Leasingnehmers beim Leasinggeber eingetroffen ist. Erst dann entstehen Zahlungspflichten des Leasingnehmers.

Ist aber das Leasinggut schon in diesem Zeitpunkt mangelhaft, so verletzt der Leasinggeber die ihn treffende mietvertragliche Sachverschaffungspflicht. Diese wird nur dann ordnungsgemäß erfüllt, wenn der Leasinggeber dem Leasingnehmer ein gebrauchstaugliches und funktionstüchtiges Leasinggut für die Dauer des Leasingvertrags zur Verfügung stellt.

Tritt der Mangel des Leasingguts jedoch erst nach Ausstellung der Übernahme- beziehungsweise Abnahmebestätigung auf, so ist der Leasingnehmer verpflichtet, etwaige Mangelbeseitigungsansprüche ausschließlich gegenüber dem Lieferanten/Hersteller des Leasinggutes geltend zu machen. Ein Anspruch auf Zahlungsverweigerung steht dem Leasingnehmer gegenüber dem Leasinggeber nicht zur Seite; ausschließlicher Gesprächs- und Verhandlungspartner des Leasingnehmers ist in diesem Stadium der Lieferant/ Hersteller laut Leasingguts.

Fazit: Es ist sinn- und zwecklos, wegen der Mangelhaftigkeit des Leasingguts die Erfüllung der Zahlungsansprüche des Leasinggebers zu verweigern. Es reicht aus, wenn der Leasinggeber Kenntnis davon erlangt, daß der Leasingnehmer Ansprüche wegen der Mangelhaftigkeit des Leasingguts gegenüber dem Lieferanten/Hersteller geltend macht. Dieser schuldet die Mangelbeseitigung und ist verpflichtet, alle zum Zweck der Mangelbeseitigung erforderlichen Aufwendungen zu tragen. Schadenersatzansprüche stehen im Regelfall dem Leasingnehmer - abhängig freilich von der Vertragskonstellation - zu diesem Zeitpunkt noch nicht zu.

Führt die Mangelbeseitigung des Lieferanten/Herstellers nicht innerhalb vertretbarer Frist zum Erfolg, so kann der Leasingnehmer Wandlung (Rückgängigmachung des Vertrags) oder Minderung (entsprechende Herabsetzung der Leasingraten) verlangen. Sowohl die Wandlung als auch die Minderung müssen gegenüber dem Lieferanten/Hersteller des Leasingguts erklärt werden - zweckmäßigerweise gekoppelt mit einer fristgebundenen Aufforderung. Willigt der Lieferant/Hersteller des Leasingguts jedoch nicht ein, so ist der Leasingnehmer verpflichtet, Klage zu erheben.

Wandel oder Minderung bei erfolgloser Mängelbeseitigung

Gegenüber dem Zahlungsverlangen des Leasinggebers kann sich der Leasingnehmer jedenfalls dann auf sein Leistungsverweigerungsrecht berufen, wenn er gegenüber dem Lieferanten/Hersteller des Leasingguts die Wandlung oder Minderung erklärt und in unmittelbarem zeitlichen Abschluß daran Klage erhoben hat. Erweist sich die Klage des Leasingnehmers als begründet, fehlt dem Leasingvertrag "von vornherein" die Geschäftsgrundlage im Sinne des Artikel 242 BGB.

Der Leasinggeber hat dann keine - wie auch immer geartete - Ansprüche gegenüber dem Leasingnehmer. Er ist vielmehr verpflichtet, die erhaltenen Leasingraten zurückzuhalten, weil der Leasingnehmer dem Leasinggeber nur insoweit gemäß Artikel 812, 818 BGB eine Verfügung schuldet, als das Leasinggut tatsächlich gebrauchstauglich/funktionstüchtig war, der Leasingnehmer also Nutzungen ziehen konnte.

Ist jedoch die Gewährleistungsfrist - regelmäßig beträgt diese sechs Monate - verstrichen, dann kann der Leasingnehmer ein

Leistungsverweigerungsrecht gegenüber dem Leasinggeber selbst dann nicht mehr mit Erfolg durchsetzen, wenn das Leasinggut später gebrauchsuntauglich oder funktionsuntüchtig wird. Denn der Leasingnehmer erhält die Stellung eines Käufers. Auch dieser kann nach Ablauf der Gewährleistungsfristen Ansprüche wegen der Mangelhaftigkeit der Kaufsache nicht mehr gegenüber dem Verkäufer mit Erfolg geltend machen.

Nach Ablauf der Gewährleistungsfrist hat der Leasinggeber somit eine reine Finanzforderung gegenüber dem Leasingnehmer, diese ist in jedem Fall auf volle Amortisation der Herstellungs- oder Anschaffungskosten des Leasingguts gerichtet. Daran ist zu erinnern, weil erfahrungsgemäß die dem DV-Leasing unterliegenden Leasinggüter rasch veralten. Folglich ist die auf Vollarmortisation gerichtete garantiemäßige Absicherung des Leasinggebers - gerade bezogen auf den "Restwert" des Leasingguts - für den Leasingnehmer eine schwere Bürde.

*Dr. Friedrich Graf v. Westphalen arbeitet als freier Rechtsanwalt in Köln.