Juristische Fallstricke: "An GPL-Verletzungen mangelt es nicht"

25.04.2005

WELTE: Das kann ich so nicht gelten lassen. Man bekommt einen ganzen Berg an Software unter der GPL für alle erdenklichen Zwecke lizenzkostenfrei. Man kann Produkte in einer Art und Weise schaffen, dass sie technisch nicht mit dem GPL-lizenzierten Teil integriert sind, sondern darauf aufsetzen. Dann lässt sich diese Eigenentwicklung vertreiben. Sonst müsste Oracle die Datenbank offen legen, weil sie auf dem Linux-Kernel läuft. Auch bei den Consumer-Netzwerk-Geräten, die in letzter Zeit häufiger wegen GPL-Verletzungen aufgefallen sind, ist es nach der Einigung mit mir so, dass der GPL-Code offen ist, aber sehr viele darauf aufsetzende Teile proprietär und nicht quelloffen sind. Das ist kein Problem. Die GPL von Linux dehnt sich nicht auf Anwendungsprogramme aus.

CW: Könnte es sein, dass Unternehmen aus Sorge vor GPL-Verletzungen und dann folgenden Abmahnungen durch Sie von Linux-Entwicklungen Abstand nehmen?

WELTE: Ob es tatsächlich passiert, kann ich nicht beurteilen. Ich bin mir aber der Gefahr bewusst. Deswegen setzen wir auf Aufklärung. Auf unserer Homepage www.gpl-violations.org gibt es detaillierte Dokumente, unter anderem eine Vendor-FAQ, auf der die gängigen Fragen beantwortet sind. Was ich mache, ist zweischneidig. Einerseits haben wir Software nicht umsonst unter der GPL lizenziert, sondern weil wir einen bestimmten Zweck damit verfolgen, nämlich sie zu verbreiten. Auf der anderen Seite möchte ich natürlich nicht damit die Leute verschrecken. Die Meldungen über meine Abmahnungen habe ich nicht verbreitet, um Angst zu schüren, sondern um öffentlichen Druck zu erzeugen, damit die Firmen sich an Lizenzbestimmungen halten.

CW: Droht Linux-Anwendern, die am Kernel Veränderungen vorgenommen haben, eine Gefahr?

WELTE: Nein, nicht solange sie ihre Modifikationen nur intern verwenden. Nur der Vertrieb des Objektcodes ohne Angebot zur Quellcodeabgabe wäre ein Problem.

Allein gegen viele