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Juni

28.12.1998
Von Michael Hufelschulte
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MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Nach dem Fall Microsoft gibt es jetzt auch einen Fall Intel. Die Kartellbehörde Federal Trade Commission bezichtigt die Prozessorschmiede, gegen geltendes Wettbewerbsrecht zu verstoßen. Sie will ähnlich wie im Fall Microsoft eine öffentliche Anklage erwirken. Intel soll PC-Herstellern wichtige Informationen über seine Prozessoren verweigert haben. Betroffen sind Intergraph, Digital Equipment und Compaq, an denen sich Intel offenbar wegen Patentrechtsklagen rächen möchte.

Unterdessen muß Intel die Auslieferung des gemeinsam mit Hewlett-Packard entwickelten 64-Bit-Chips IA 64 (Codename "Merced") um sechs Monate verschieben. Nachdem die Designphase weitgehend abgeschlossen ist, scheinen die Probleme auf produktionstechnischer Ebene zu liegen. Vor Mitte des Jahres 2000 ist mit dem Prozessor, der von vielen Unternehmen sehnlichst erwartet wird, nicht zu rechnen.

Microsoft provoziert mit seinem Geschäftsgebaren nicht nur die Wettbewerbshüter. Nun steigt auch die Software Publishers Association (SPA) in den Ring. Der Softwareverband wirft Gates vor, über Windows NT sowohl Server- als auch Desktop-Plattformen dominieren zu wollen und damit die gesamte Marktentwicklung im Netzbereich zu lenken. Microsoft manipuliere die Branche mit eigenen Standards, bestrafe Kunden, die andere Produkte einsetzen wollten, und integriere immer mehr eigene Produkte in seine Softwarepakete, obwohl diese eigentlich nicht zum Funktionsumfang gehörten.

Das Undenkbare wird wahr: Felix Somm, ehemaliger Geschäftsführer des Online-Dienstes Compuserve, wird von einem Münchner Richter wegen der illegalen Verbreitung von kinderpornografischen Bildern sowie rechtsradikalen Gedankenguts zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Die Begründung: Somm hätte den Zugang auf entsprechende Internet-Newsgroups mit anzüglichem Inhalt verhindern können. Ein Aufschrei geht durch die weltweite Netzgemeinde: Können Internet-Service-Provider nun für alles verantwortlich gemacht werden, was sich im weltweiten Netz abspielt?

Im Markt für Analysesoftware gibt es eine spektakuläre Fusion: Der Olap-Spezialist Arbor Software übernimmt für 760 Millionen Dollar Hyperion, einen namhaften Anbieter von Finanz- und Controlling-Lösungen. Der Zusammenschluß richtet sich vor allem gegen Microsoft: Der Softwareriese will im Bundle mit seinem Datenbanksystem „SQL Server 7.0“ die Olap-Engine „Plato“ herausbringen.

MCI und Worldcom möchten fusionieren, doch die Kartellbehörden in den USA und Europa haben etwas gegen die Zusammenlegung der Nummer eins und zwei im internationalen IP-Backbone-Geschäft. Außerdem ist MCI ebenso wie die Worldcom-Tochter Uunet ein bedeutender Internet-Service-Provider. Um die Behörden gütlich zu stimmen, verkauft MCI nun für 625 Millionen Dollar sein Internet-Geschäft an Cable & Wireless. Die Genehmigung wird aber erst erteilt, als MCI außerdem zusagt, Verträge mit Großkunden neu zu gliedern, um eine Trennung zwischen Sprach- und Internet-Diensten sicherzustellen.

Die Cobol-Company Micro Focus übernimmt für 534 Millionen Dollar Intersolv, eine auf Services und auf Tools für Versionskontrolle und Konfigurations-Management spezialisierte Softwareschmiede. Damit entsteht einer der weltweit größten Anbieter von Entwicklungswerkzeugen für geschäftskritische Applikationen. Ob Micro Focus allerdings mit seiner starken Fokussierung auf die als überholt geltende Programmiersprache Cobol langfristig Erfolg haben wird, ziehen immer mehr Analysten in Zweifel.

AT&T will America Online kaufen - doch das Angebot über 19 Milliarden Dollar lehnt AOL-Chef Stephen Case ab. Der Online-Dienst erwägt statt dessen selbst Übernahmen sowie Kooperationen mit Firmen aus Telekommunikation, Medien und Informationstechnik. Ist die Netscape-Akquisition schon geplant? Für AT&T jedenfalls ist die Absage eine bittere Pille. Der US-Carrier wollte eigentlich nicht nur mit Internet-Zugangsdiensten, sondern auch mit Online-Services und E-Commerce Umsatz machen. Windows 98 wird ausgeliefert, doch die Öffentlichkeit interessiert sich im Vergleich zur Windows-95-Freigabe herzlich wenig für das neue Betriebssystem. Die meisten Anwender betrachten die neue Variante als einfaches Upgrade, das außer dem integrierten Browser und dem E-Mail-Client „Outlook Express“ nicht viel Neues

bringt.

Texas Instruments (TI) verkauft seine Speicherfertigung an Micron Technology und konzentriert sich ganz auf digitale Signalprozessoren. Rund 3500 Arbeitsplätze bei TI werden abgebaut. Micron steigt mit diesem Deal, in dessen Rahmen TI eine zwölfprozentige Beteiligung erwirbt, zum zweitgrößten DRAM-Anbieter auf.