Begehrter Nachwuchs

Junginformatiker wollen alle haben

01.12.2011
Von 
Ingrid Weidner arbeitet als freie Journalistin in München.

Ein ganzes Berufsleben im Konzern

Langfristig Mitarbeiter an das Unternehmen zu binden ist auch das erklärte Ziel von Michael Groß, verantwortlich für das Personal-Marketing bei Audi. Im Gegensatz zu vielen anderen Konzernen müssten die Ingolstädter Bewerbern nicht ihr Produkt erklären. "Aber wir konkurrieren mit anderen großen Unternehmen um IT-Mitarbeiter", sagt Groß. In diesem Jahr hat der Autobauer insgesamt 1200 Akademiker gesucht und gefunden, und auch in den kommenden Jahren soll sich das Wachstum fortsetzen. "Die Möglichkeiten für IT-Positionen sind vielfältig. Von der SAP-Anwendung für IT im Fahrzeug bis zur Konzern-IT und der Produktionssteuerung in den Fabriken reicht das Spektrum", skizziert Groß. Das biete auch Chancen, andere Bereiche kennen zu lernen und sich weiterzuentwickeln.

Audi setzt für die Personalsuche das ganze Repertoire ein: soziale Netzwerke, Anzeigen in Online-Jobbörsen oder auch eine Vorlesungsreihe an der Universität Erlangen, die speziell Informatikern das Thema Fahrzeugtechnik näherbringen soll. "70 Prozent der Hochschulabsolventen, die wir einstellen, kennen wir bereits aus Praktika oder Abschlussarbeiten", sagt Groß. Das Unternehmen investiert hierzu in ein Rahmenprogramm in den unterschiedlichen Fachabteilungen, in denen die Praktikanten zu Gast sind. "Uns ist wichtig, dass die Praktikanten gut betreut werden, in spannenden Projekten mitarbeiten und nicht Kaffee kochen müssen."

Neben einem sicheren Job lockt Audi mit attraktiver Bezahlung und Boni. "Die Automobilbranche zahlt gute Gehälter, und wir beteiligen unsere Mitarbeiter zusätzlich am Erfolg. In diesem Jahr hat jeder Mitarbeiter eine Erfolgsbeteiligung von rund 6500 Euro erhalten. Wir bieten die Perspektive eines sicheren Jobs und wünschen uns, dass die Mitarbeiter ihr ganzes Berufsleben bei uns verbringen", sagt Groß.

Auch Unternehmensberatungen locken viele IT-Absolventen an. Ein internationales Arbeitsumfeld, große Projekte und die weite Welt wirken anziehend. "Berufsanfänger können schnell Auslandserfahrung sammeln", sagt Michael Römer, Partner im Münchner Büro von A.T. Kearney, und ergänzt: "Eigeninitiative wird von uns gezielt gefordert und gefördert. Auch die Spezialisierung für eine bestimmte Branche gestalten wir sehr flexibel. Ein Einsteiger muss sich nicht sofort auf einen Industriezweig festlegen." Als Anreiz sieht er das MBA- und Promotionsprogramm, das Mitarbeiter dabei unterstützt, sich weiterzuqualifizieren.

Die eigene Zeit einteilen lernen

Manchen Bewerber schreckt auch das enorme Arbeitspensum, das von einem Berater erwartet wird. Doch Römer wendet ein, dass sich hier einiges geändert habe: "Wir bringen unseren jungen Kollegen bei, dass sie auch Nein sagen können - ja sogar manchmal auch müssen. Sie sollen lernen, sich selbst ihre Zeit im Projekt einzuteilen." Auch wenn sich Beratungen mehr um die knapper werdenden jungen Talente bemühen müssen, scheint die Karriereregel "Up or out" immer noch das Beraterleben zu bestimmen.

Innovation lockt Informatiker

Das Gehalt passt, die Arbeitsaufgaben könnten besser sein. Auf diesen Nenner könnte man die Stimmung der Informatiker bringen, die zwischen ein und acht Jahren im Beruf sind. Das geht aus der Studie der Marktforscher des Berliner Trendence Instituts hervor, die im Frühjahr 2011 knapp 4000 Young Professionals befragten. Verbesserungspotenzial sehen die Informatiker auch in Sachen persönliche Entwicklung und Eigenverantwortung. Laut Jörn Klick, Senior Account Manager beim Trendence Institut, haben Berufsanfänger mit IT-Abschluss "vergleichsweise hohe Erwartungen an die Innovationskraft ihres Arbeitgebers": "In diesem Punkt klaffen Erwartungen und Zufriedenheit der Informatiker relativ weit auseinander, während die Gesamtheit der Young Professionals in dieser Hinsicht durchaus zufrieden mit ihrem Arbeitgeber ist." Darum rät Klick Unternehmen, die Informatiker anlocken wollen, der eigenen Innovationskraft mehr Beachtung zu schenken.