Spannende Software
Während die Hardware bestenfalls unteres Mittelmaß ist, stellt das installierte Sailfish OS sicher das Highlight des Geräts dar. Um den Schatz zu heben, ist allerdings etwas Lernaufwand notwendig, da die Gestensteuerung leider nur bedingt intuitiv ist. So sucht man beispielsweise den Home-Button vergebens, aktiviert wird das Gerät über den An/Aus-Knopf an der rechten Seite oder ein zweifaches Klopfen auf den Touchscreen.
Ist diese Hürde gemeistert, landet man auf dem Homescreen, darunter befindet sich der Multitasking-Screen mit den bereits geöffneten Anwendungen (beim ersten Mal leer). Noch etwas weiter unten befinden sich die Icons der bereits installierten Apps.
- Gestensteuerung
App minimieren - Gestensteuerung
Menüoptionen 1 - Gestensteuerung
Menüoptionen 2 - Gestensteuerung
Menüoptionen 3 - Gestensteuerung
Ereignisansicht - Gestensteuerung
Apps beenden
Alternativ kann man aber auch nach unten wischen, um an ein Schnellstartmenü (Pulley-Menü) mit den Funktionen Einstellungen, Kamera und Telefonie zu gelangen. Diese Auswahlfunktion in Form einer Art Jalousie gibt es auch in einigen Apps, bei anderen Anwendungen gibt es weiße Punkte als Hinweis darauf, dass man nach einem Wischen zur Seite zu weiteren Informationen gelangt.
Innerhalb einer App wird dieselbe geschlossen, indem man vom oberen Rand nach unten wischt. Ein Wisch vom linken oder rechten Rand in den Bildschirm hinein beendet das Programm nicht komplett, sondern legt es nur als verkleinertes, aber geöffnetes Fenster in der Übersicht ab. Hier können bis zu neun Apps Platz finden.
Klingt alles ganz schwierig, und ist es für den an Android oder iOS gewöhnten Nutzer auch. Hat man die Funktionsweise aber einmal begriffen und fleißig geübt, bewegt man sich relativ flüssig durch das Menü, schließt eine App mit einem Schnippler und öffnet die nächste. Wie sich während des Testzeitraums zeigte, findet das Erfolgserlebnis wegen Ungereimtheiten in der Umsetzung aber hin und wieder auch ein schnelles Ende und Frustration macht sich breit.
Apps sind keine Mangelware
Auch wenn das Jolla Phone im Auslieferungszustand nur zehn Apps installiert hat, steht Sailfish OS bei der Auswahl für einen Newcomer gar nicht so schlecht da: Gut 200 kostenlose Anwendungen befinden sich im Jolla Store, weitere knapp 1600 Apps für Sailfish-OS existieren auf OpenRepos.net - die Client-Anwendung dazu heißt Warehouse.
Daneben kann man auch Android-Apps direkt als .apk installieren, was aber nicht gerade trivial ist. Alternative AppStores wie der russische Yandex Store, den man über eine App durchsuchen kann, schaffen hier Abhilfe. Hinzu kommt, dass die breite Fan-Basis bereits eine Reihe von bekannten Apps wie Facebook für Sailfish-OS adaptiert hat, der Social-Media-Dienst ist aber wie auch Twitter im Betriebssystem integriert.
- Vorinstallierte Apps für Sailfish OS
Die Fülle täuscht: Nur ein Drittel der Apps ist vorinstalliert... - Vorinstallierte Apps für Sailfish OS
...und daher nicht löschbar. - Jolla Store
Der Jolla Store ist relativ leer und nur wenig organisiert. - Jolla Store
Besonders bei Business-Anwendungen sieht es aktuell noch ziemlich mau aus. - Android-Apps per Yandex Store
Alternative ist der Yandex Store, für den es eine eigene App gibt. - Android-Apps per Yandex Store
Über Yandex mit seinen Android-Apps kommt man auch zu einer Office-Suite... - Android-Apps per Yandex Store
...mit Text- und Tabelllenprogramm. Hier gut zu sehen: Die zusätzliche Menüleiste für Android-Apps - Sailfish OS: Einstellungen
Im Bereich Einstellungen bietet Sailfish OS kaum Überraschungen... - Sailfish OS: Einstellungen
Zusätzlich zu den bereits vielfältigen normalen Möglichkeiten gibt es noch einen Entwicklermodus - Sailfish OS: Einstellungen
Die weißen Punkte weisen auf ein verstecktes Auswahlmenü hin - Sailfish OS: Einstellungen
Nicht ganz trivial: Das Einrichten der APs für den LTE-Empfang - Sailfish OS Browser
Der Browser bietet nur wenige Optionen, etwa keinen Wechsel auf die normale Website... - Sailfish OS Browser
unterstützt aber immerhin Tabbed Browsing - Jolla Maps
Die Karten-App kommt von Appelo.. - Jolla Maps
..., das Kartenmaterial von Nokia (Here) - Jolla Maps
Navigation ist natürlich auch möglich, allerdings nicht offline. - Dateimanager
Wie jedes vernünftige Betriebssystem (Sorry Apple) gibt es natürlich auch einen Dateimanager - Twitter-Integration
Twitter und Facebook sind direkt in Sailfish OS integriert. - Homescreen
Alle Informationen auf einen Blick: Uhrzeit, Akkuzustand, WLAN, Bluetooth und Verfügbarkeit - Homescreen mit aktive Karten
Immer im Bild: Neun aktive Anwendungen und die Grundfunktionen Telefonie, SMS, Browser und Kamera - Benachrichtigungen
Mit einem Wisch nach oben kommt man zu den Benachrichtigungen - Telefonie
Telefonieren kann man mit Sailfish natürlich auch. Dies geht über die entsprechende App... - Telefonie
oder per Schnellzugriff durch Herunterziehen des Auswahlmenüs. - Screenshot-App
Ungewohnt: Für Screenshots braucht man eine spezielle App - Exchange-Integration
Sailfish-OS bietet natürlich auch Exchange-Unterstützung
Fazit: Smartphone für Frickler und Individualisten
Jolla verfolgt mit seinem Jollaphone und Sailfish OS einen interessanten Ansatz, der leider (noch) ganz massentauglich ist. So sind Gestensteuerung und die gesamte Bedienung noch nicht ganz ausgeklügelt und nicht immer intuitiv. Einige Punkte bei der Bedienung sind bei WebOS (mehr) oder Blackberry 10 (weniger) besser gelöst. Bei der Hardware zieht das knapp 400 Euro teure Gerät in Sachen Preis-Leistungsverhältnis klar gegenüber der starken Android-Konkurrenz aus Massenproduktion den Kürzeren.
Dennoch schafft es das Jolla Phone,im Gegensatz zur Menge der zunehmend austauschbaren Smartphone-Boliden einen bleibenden - positiven - Eindruck zu hinterlassen. Wenn das Gerät sicher (noch) nicht für den Massenmarkt geeignet ist, bietet es insbesondere Fricklern, die sich gerne mit ihrem Smartphone auseinandersetzen, eine interessante Alternative zu Android. So gesehen kann man nur hoffen, dass das Projekt weiter Fahrt aufnimmt. Und wer weiß: Möglicherweise gibt es ja bei Smartphones bald eine ähnliche Entwicklung wie bei PCs und die Geräte werden optional auch ohne vorinstalliertes Betriebssystem angeboten. Interesse daran hätten neben Jolla sicher auch andere Firmen, die nicht so hohe Stückzahlen erreichen, etwa Canonical (Ubuntu) oder eventuell Blackberry.