Datenschutzauflagen verhinderten den Projektstart

Joint-venture von Debis und Saarland geplatzt

23.12.1998
MÜNCHEN (qua) - Als breit angelegte Privatisierung öffentlicher Informationstechnik angekündigt und mit der Hoffnung auf Einsparungen in zweistelliger Millionenhöhe befrachtet, wird das Gemeinschaftsunternehmen der Zentralen Datenverarbeitung Saar (ZDV) mit dem Debis Systemhaus zum Jahresende aufgelöst.

Ein "Musterbeispiel" für die Kooperation privater und öffentlicher Organisationen wollte die saarländische Wirtschafts- und Finanzministerin Christiane Krajewski schaffen und einen großen Schritt auf dem Weg zum "schlanken Staat" tun (siehe CW 37/98, Seite 1, und CW 38/97, Seite 85). Bedenken wegen einer möglichen Verletzung datenschutzrechtlicher Bestimmungen wischten Krajewski und Debis-Geschäftsführer Karl-Heinz Achinger damals mit leichter Hand vom Tisch. Das Sicherheitskonzept für die Verarbeitung staatshoheitlicher Daten sei bei den anderen Bundesländern nicht auf Einwände gestoßen, teilten sie im September 1997 mit.

Wie Wolfgang Kerkhoff, Pressesprecher des saarländischen Finanz- und Wirtschaftsministeriums, berichtet, war das Sicherheitskonzept gemeinsam mit dem zuständigen Datenschutzbeauftragten erarbeitet und vom TÜV Bayern abgenommen worden. Doch dann hinderten die offenbar notwendigen Nachbesserungsarbeiten die beiden Möchtegern-Partner mehr als 14 Monate lang, ihre Arbeit aufzunehmen. Weil das designierte Rechenzentrum der Debis Saarland GmbH auf dem Gelände der Saarstahl AG, Völklingen, untergebracht war, sollte das frischgebackene Joint-venture unter anderem Trennwände einziehen und selbst den Fußboden gegen Eindringlinge absichern, so Michael Gemeinhardt, Sprecher beim Debis Systemhaus.

Überdies stellte sich heraus, daß die vorhandene Software nicht in der Lage war, die Zugänge auf unterschiedliche Rechnersysteme voneinander abzuschotten.

In ihrer aktuellen Stellungnahme klagt Ministerin Krajewski, es sei "eine bittere Erfahrung, daß die öffentliche Verwaltung sich heute von Regelungen und Vorschriften leiten lassen muß, die mit der raschen Entwicklung der technischen Möglichkeiten nicht Schritt gehalten haben". Im übrigen werde sie "auch auf Bundesebene" darauf dringen, "den geltenden Kodex zu entschlacken". Durch die Zusammenarbeit mit Debis sei der Schutz persönlicher Daten schließlich "an keiner Stelle" verletzt worden.

Wie sollte er auch? Schließlich nahm die Zusammenarbeit niemals konkrete Formen an. Von den zehn Jahren, auf die das Joint-venture zunächst befristet war, verstrich eines, ohne daß sich an den IT-Strukturen des Saarlandes etwas geändert hätte. Die im Herbst 1997 aufgezeigten Mängel - die Rede war beispielsweise von überlangen Antwortzeiten - sind wohl immer noch nicht behoben. Und in bezug auf die damals in Aussicht gestellten Einsparungen in Höhe von zwölf Millionen Mark gilt der Spruch: Außer Spesen nichts gewesen.

Als Anlaß für den zumindest vorläufigen Schlußstrich unter dieses Kapitel nennt Debis ein an sich triviales Problem im Rechenzentrum Völklingen: Dort seien kürzlich asbesthaltige Bauteile entdeckt worden, deren Beseitigung den Projektstart weitere drei bis vier Monate hinausschieben würde. Das war der Tropfen, der das Faß der Saarländer zum Überlaufen brachte.

Die DVZ steht derzeit gewaltig unter Druck. Sie muß 1999 ihre Software für die Steuerfestsetzung durch ein neues, in anderen Bundesländern ebenfalls genutztes Verfahren ersetzen, um die Voraussetzung für die Einführung einer geplanten bundesweiten Lösung zu schaffen. Als Krajewski dieses Ziel gefährdet sah, beschloß sie, die 25prozentige Beteiligung des Landes an der Debis Saarland GmbH zurückzuziehen.

Eigenen Angaben zufolge hat die Ministerin das Joint-venture aber noch nicht völlig abgeschrieben, sondern "auf Wiedervorlage für das Jahr 2000" genommen. Das runde Dutzend ZDV-Mitarbeiter, das bereits - widerstrebend - von der ZDV zum Debis Systemhaus Saar gewechselt war, wird jetzt wohl die Möglichkeit nutzen, in den Staatsdienst zurückzukehren.