Bertelsmann und Barnes & Noble, CD-Now und N2K

Joint-venture und Merger gegen die Übermacht von Amazon.com

16.10.1998

Gemeinsam wollen Bertelsmann und Barnes & Noble einen weltweiten Buchhandel aufbauen. Der deutsche Medienkonzern erwarb für 200 Millionen Dollar die Hälfte der Gesellschaftsanteile des Internet-Literaturvertriebs "barnesandnoble.com". Beide Unternehmen wollen zudem je 100 Millionen Dollar in das Gemeinschaftsunternehmen einfließen lassen und Amazon.com entthronen. Barnes & Noble ist mit 1000 Buchläden und einem Umsatz von 2,8 Milliarden Dollar im Jahr 1997 die größte Buchhandelskette der Welt. Der Online-Ableger, zur Zeit Nummer zwei hinter dem Marktführer, setzte dagegen nur etwa 36,5 Millionen Mark (22 Millionen Dollar) um. Konkurrent Amazon. com nahm im gleichen Zeitraum etwa 160 Millionen Mark ein.

Abkehr von der üblichen Praxis

Der gemeinsame Sproß soll weiterhin den Namen barnesandnoble.com tragen. Zwar kündigte Bertelsmann ein weltumspan- nendes Online-Geschäft an, doch das Joint-venture wird auch weiterhin vorwiegend den US-Markt bedienen. Für Europa will Bertelsmann unter dem Markennamen "Books Online" (Bol) einen Web-basierten Buchhandel unabhängig vom amerikanischen Kooperationspartner aufbauen. Beide Geschäfte werden aber ein weltweites Verbundsystem für den Vertrieb von Literatur bilden.

Wie Friederike Harmgarth, Sprecherin der Bertelsmann Buch AG, auf der Frankfurter Buchmesse mitteilte, ist ihr Unternehmen von der üblichen Praxis abgewichen, neue Geschäfte in Deutschland zu entwickeln und dann auf andere Märkte zu übetragen. Dies hänge mit der Situation im Internet-Buchhandel zusammen. "Wir fangen gemeinsam mit einem Partner im Ausland an und lernen dort für unsere europäischen Märkte", erläutert Harmgarth. Auf die gleiche Weise kooperierte Bertelsmannn auch schon mit America Online. Die Firmensprecherin wies jedoch die Darstellung zurück, die Entscheidung, zuerst in Amerika mit dem Internet-Buchhandel anzufangen, sei in der dortigen Dominanz von Amazon.com begründet. Man habe lediglich einen Partner gesucht und gefunden. Nach Ansicht von Bertelsmann wird erst in fünf Jahren der Buchverkauf über das Internet in Europa ein Volumen erreicht haben, das mit den heutigen Umsatzzahlen in den USA mithalten kann.

Über mögliche Verflechtungen von Books Online mit dem europäischen Ableger des Online-Dienstes AOL wollte sich Harmgarth nicht äußern. Fest steht aber, daß der von Bertelsmann im Frühjahr dieses Jahres in Deutschland eröffnete Internet-Buchladen "boulevard.de" in Bol aufgeht.

Gegenwind dürfte Amazon. com demnächst auch beim Vertrieb von Tonträgern im Internet verspüren. Die Pioniere im CD-Vertrieb, CD-Now und N2K, haben erkannt, daß sie allein nicht mehr bestehen können, und wollen offenbar fusionieren. Laut Unternehmensangaben sowie Schätzungen von Experten setzte CD-Now im dritten Quartal 1998 etwa 15,1 Millionen Dollar um, während es N2K auf 13,6 Millionen Dollar brachte. Der Newcomer im Musikhandel Amazon.com erwirtschaftete dagegen nur sieben Millionen Dollar mit CDs.