Joint Venture: Ein bisschen Outsourcing

30.05.2005
Anwenderunternehmen, die den scharfen Schnitt eines Auslagerungsprojekts meiden wollen, gründen zusammen mit dem IT-Dienstleister ein Joint Venture. Nicht immer ist dies die bessere Alternative.

Folgender Witz kursiert in der Geschäftswelt: Ein Huhn kommt zum Schwein. "Was hältst du von einem Joint Venture? Das gibt Synergieeffekte und wir beide könnten viel mehr verdienen." Das Schwein findet die Idee toll: "Prima" sagt es. "Was wollen wir denn produzieren?" Das Huhn antwortet: "Rührei mit Schinken." Das Schwein überlegt eine Weile: "Aber dabei gehe ich drauf, und du machst den Profit." Das Huhn darauf: "Nun ja, so ist das nun mal bei einem Joint Venture."

Nicht ganz so hart traf es Unternehmen, die im Outsourcing-Geschäft Versuche mit Gemeinschaftsunternehmen starteten: Kaum länger als ein Jahr währte die Liaison zwischen IBM und der Stadt Leipzig: Im April 2001 ging die Public Private Partnership (PPP) mit der Lecos GmbH an den Start, im Juli 2002 gab die IBM ihren 51 prozentigen Anteil wieder zurück. Die Hoffnung der Stadt auf Anstöße zur Verwaltungsmodernisierung durch einen externen Dienstleister wurden nicht erfüllt (siehe Kasten Joint Ventures). Bereits im Jahr zuvor hatte die Stadt Ludwigshafen die gemeinsam mit IBM gegründete Gesellschaft für kommunale Informationsverarbeitung (GKI) abgewickelt, weil sich unterschiedliche Kulturen und Interessen von Öffentlicher Hand und Privatwirtschaft nicht vereinen ließen. Auch Daimler-Chrysler äußerte sich kritisch zu Gemeinschaftsunternehmen: "Es gab eine Zeit, als der Effizienzgewinn beim Joint Venture mit T-Systems hängen geblieben ist. Da haben wir etwas verloren, sind jetzt aber auf einer guten Ebene", sagte Michael Gorriz, Leiter IT Business Systems bei Daimler-Chrysler, der computerwoche vor knapp einem Jahr.

Dennoch sind Joint Ventures für Anwenderunternehmen eine interessante Outsourcing-Alternative. Zuletzt gründete etwa der Frankfurter Flughafenbetreiber Fraport zusammen mit der Volkswagen-Tochter Gedas das Gemeinschaftsunternehmen Gedas Operational Services GmbH & Co. KG. Auch die Stadt Wiesbaden ließ sich von gescheiterte Public-Private-Partnership- (PPP-)Modellen nicht beeindrucken und lagerte den IT-Betrieb in das zusammen mit Siemens Business Services (SBS) neu formierte Joint Venture Wivertis aus. "Man möchte gezielt eine langfristige Partnerschaft herbeiführen, in der das auslagernde Unternehmen sich zur Leistungsabnahme verpflichtet und der IT-Dienstleister auf den Kunden hört", erläuterte Dirk Schober, IT Coordinator Europe bei der Melitta Haushaltsprodukte GmbH & Co KG in Minden.

Das Beste kombinieren

Das ostwestfälische Unternehmen kann auf mittlerweile mehr als drei Jahre gute Erfahrung mit einem Joint Venture zurückblicken. Seit dem 1. Januar 2002 liefert der gemeinsam mit dem IT-Beratungshaus Syskoplan ins Leben gerufene Dienstleister IS4 sämtliche IT-Services für den größten Unternehmensverbund der Melitta-Gruppe. Das wichtigste Argument für das Joint Venture war jedoch, sich auch nach der Auslagerung das Prozess- und Applikationswissen der IT-Mitarbeiter zu sichern. Mitsamt der kompletten IT wechselten nämlich rund 40 Mitarbeiter zu IS4. Syskoplan stellte die gleiche Zahl an Experten ab.

"Best-of-Both" nennt Hans-Willi Hüsch, Vice President Banking Deutschland, Österreich, Schweiz bei dem IT-Dienstleister Tieto Enator einen Vorteil des Joint-Venture-Konzeptes. "Das Gemeinschaftsunternehmen teilt sich die Risiken und die Erfolge", so der Manager. Der skandinavische IT-Dienstleister Tieto Enator bietet seinen Klienten bereits seit mehr als zehn Jahren Joint Ventures alternativ zu Outsourcing-Verträgen an.

Etablierte Strukturen bleiben

Das Angebot hat sich in Skandinavien bewährt, in Deutschland konnte Tieto Enator jedoch noch keine Kunden überzeugen. Möglicherweise liegt das daran, dass sich die hiesigen Unternehmen vom Outsourcing ihrer IT-Abteilungen einen klaren Schnitt, ein reinigendes Gewitter, erhoffen. Das kann ihnen ein Joint Venture nicht bieten. "Die Strukturen sind etabliert, die Leute kennen sich und arbeiten zum Teil schon seit 20 Jahren miteinander", schildert Schober die Schwierigkeiten mit dem Joint Venture. "Anfangs gab es unter den Melitta-Mitarbeitern große Verwirrung, weil ihre Kollegen weiterhin vor Ort tätig waren, für ihre Dienste aber plötzlich Geld verlangten."

IS4 bedient neben Melitta auch andere Kunden, dagegen sieht das von Tieto Enator angebotene Joint-Venture-Modell kein Engagement im Drittmarkt vor. Damit können sich die ausgelagerten IT-Dienstleister zwar auf ihren einzigen Kunden konzentrieren, geben allerdings auch potenzielle Effizienzgewinne etwa durch Skaleneffekte auf. "Wir wollen lieber die übernommenen Leistungen beispielsweise als Shared Services aufwerten und legen dazu Servicebereiche zusammen", schildert Tieto-Enator-Manager Hüsch. "Dabei kann es auch zu Personalanpassungen kommen. Sonst funktioniert das Modell nicht."

Interessenskonflikte drohen

In jedem Fall muss das auslagernde Anwenderhaus die Bereitschaft zu unternehmerischem Engagement mitbringen. Das bindet Ressourcen, wozu viele Unternehmen nicht bereit sind, denn in Umfragen zum Outsourcing-Markt nennen Anwender immer wieder als wesentliches Argument, sich aus der selbst betriebenen IT zurückzuziehen, die Konzentration auf das Kerngeschäft.

Zum Engagement zählt darüber hinaus die Bereitschaft, Konflikte zu lösen. Das Joint Venture ist Kristallisationspunkt für gegenläufige Interessen, denn das Anwenderunternehmen möchte günstige, aber gute Services beziehen, während der Anbieter Profit und Umsatz mehren möchte. "In einer Partnerschaft gibt es Höhen und Tiefen", warnte Hüsch. "Die Zusammenarbeit wird umso wirksamer und fruchtbarer, je länger sie dauert." Untersuchungen zufolge enden ein Drittel aller Gemeinschaftsunternehmen noch vor Ablauf eines Jahres. Doch auch fortgeschrittene Partnerschaften sind vor Disputen nicht gefeit. 1998 beendete Porsche ein Joint Venture mit IBM. Die kulturellen Unterschiede ließen sich nicht beheben, hieß es nach fünfjähriger Zusammenarbeit.