Der Führungstipp

Jobwechsler dürfen nicht nachtreten

11.06.2010
Wechselnde Chefs, verbitterte Kollegen - aber wer beim gewünschten neuen Arbeitgeber über seinen jetztigen herzieht, hat schlechte Karten. Dennoch sollten Bewerber möglichst ehrlich sagen, warum sie eine andere Stelle suchen.

Unser Leser fühlt sich bei seinem Arbeitgeber nicht mehr wohl, wie er im Online-Karriere-Forum der COMPUTERWOCHE schreibt. Binnen drei Jahren hat er nun den vierten Chef, und sein Team besteht zum einen aus "alteingesessenen", unflexiblen, verbitterten Kollegen und zum anderen aus jungen Berufsanfängern, die nach kurzer Zeit wieder gehen. Wie soll er sich im Bewerbungsgespräch verhalten, wenn er nach seiner Wechselmotivation gefragt wird? Er weiß, dass er über seinen Arbeitgeber nicht schimpfen darf, aber lügen will er auch nicht.

Emotionale Aussagen vermeiden

Hilde Freund, Personalberaterin aus München, antwortet: "Sie sprechen hier ein heißes Eisen an. Ehrlichkeit oder diplomatische Allgemeinformulierungen? Die Wahrheit liegt ein Stück dazwischen, mit Tendenz zur Ehrlichkeit.

Hilde Freund: 'Unangenehme Wahrheiten sollte man in möglichst neutrale, emotionsfreie Aussagen packen.'
Hilde Freund: 'Unangenehme Wahrheiten sollte man in möglichst neutrale, emotionsfreie Aussagen packen.'
Foto: Hilde Freund

Der erfahrene Personaler wird sich nicht mit platten Sätzen wie ´Ich möchte über den Tellerrand schauen` oder ´Ich möchte nicht unflexibel werden´ zufriedengeben und in Ihren Begründungen nachbohren, bis Sie ins Schwitzen kommen.

Dann ist es besser, gleich die Sache so offen wie möglich anzugehen, zum Beispiel so: ´Ich konnte in den vergangenen drei Jahren fachlich viel dazulernen. Allerdings habe ich keine Bezugsperson beziehungsweise keinen konstanten Vorgesetzten, mit dem ich berufliche Perspektiven besprechen oder mittelfristige Ziele diskutieren könnte. Denn bisher wechselte mein Chef in sehr kurzen Zeitabständen bereits zum vierten Mal. Es gibt keine Strategie, wie und wohin sich die Abteilung entwickeln soll, ich hänge mit meinen Kollegen quasi im luftleeren Raum. Jeder geht anders damit um - viele haben das Unternehmen schon nach kurzer Zeit wieder verlassen. Andere, altgediente Kollegen bleiben zwar, haben aber Motivation und Engagement verloren. Ein solcher Zustand der inneren Kündigung ist für mich persönlich nicht denkbar; daher mein Entschluss, mich aktiv umzuorientieren. Bei der Wahl meines künftigen Arbeitgebers werden Aspekte wie Unternehmenskultur, Perspektiven und der Umgang miteinander eine wichtige Rolle für mich spielen.´

Sie merken vielleicht, worauf ich hinaus will: Einerseits die Wahrheit nicht verheimlichen, andererseits sie in möglichst neutrale und emotionsfreie Aussagen packen. Eine wertneutrale, nüchterne Analyse der Ist-Situation und die Konsequenz daraus. Damit haben Sie jegliche negativen Aussagen über Ihren derzeitigen Arbeitgeber ausgeklammert. Zugleich betonen Sie, welche Werte und Voraussetzungen Ihnen für einen Neuanfang wichtig sind."

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