Mobile Recruiting

Jobsuche per App

05.05.2011
Von Constantin Gillies

M-Fieber in der Personalerszene

In der Personalerszene - jahrelang drahtlos ziemlich ratlos - ist mittlerweile geradezu das M-Fieber ausgebrochen. Kein Fachkongress kommt ohne das Megathema aus, Experten können sich kaum vor Anfragen retten. Was die Fantasie der Personaler besonders anregt, ist, dass mit dem Smartphone Dinge möglich sind, die der Desktop nicht leisten kann - zum Beispiel den Standort des Nutzers zu berücksichtigen (Fachwort: Location Based Services). Nutzer der App von Jobstairs etwa können sich automatisch potenzielle Arbeitsplätze in ihrer direkten Umgebung anzeigen lassen. Die Jobs erscheinen dann, ähnlich wie eine Google-Placemark, als Stecknadel auf einer Karte. Und das ist erst der Anfang. Die Vision: In Zukunft flaniert der Bewerber auf der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz durch die Stadt. Gefällt ihm ein Bürogebäude, schaut er kurz auf seinem Handy nach, welche Firma hier residiert und ob sie eine Stelle frei hat.

Jobsuche mit "Terminator-Blick"

Noch zukunftsweisender läuft die Jobsuche über eine so genannte Augmented-Reality-Anwendung ab. Eine solche Software nutzt die Bilder der Handykamera und blendet über das Realbild zusätzliche Informationen aus dem Internet ein. Wohl bekanntestes Beispiel für diese Technik ist die Anwendung Layar: Wer sie auf seinem Smartphone installiert, kann im Display zum Beispiel sehen, wo Wohnungen frei sind, wo sich seine Freunde aufhalten - und wo Jobs zu haben sind, zumindest in den Niederlanden. Die dort ansässige Zeitarbeitsfirma Tempo-Team meldet freie Stellen an Layar. Wenn die Nutzer ihr Handy auf einen Straßenzug halten, erscheint im Display über jedem Haus, wo eine Stelle frei ist, ein dicker Kreis.

"Terminator-Blick" nennen Spötter die Technik, weil sich im Display wie beim bekannten Filmroboter reale Welt und Datenwelt vermischen. Die Frage ist nur, wie viele Jobsucher sich für die Science-Fiction-Technik begeistern können: Läuft wirklich jemand auf der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz mit dem Handy durch die City?

"Arbeit sucht man nicht jedes Jahr"

Experten bewerten Bewerber-Apps, die Informationen nach dem Standort filtern, insgesamt eher skeptisch: "Das könnte vielleicht für Aushilfen interessant sein", glaubt Wolfgang Brickwedde, ehemals Recruiting-Director bei SAP und heute Unternehmensberater. Der durchschnittliche Stellensucher habe kein Interesse daran, auf seinem Handy-Display ständig mit irgendwelchen Informationen über freie Posten bombardiert zu werden. "Einen Job sucht man sich nur alle paar Jahre. Diese Informationen werden nicht ständig gebraucht - zumal vorab mindestens ein ‚Opt-in` nötig wäre."

Und noch ein kleiner Realitätscheck: Ganz ohne PC geht es bei der Jobsuche nach wie vor nicht. Die meisten Bewerber schnuppern mobil nur - und bewerben sich dann stationär. Allerdings beginnt diese Zweiteilung zu verschwinden: Bei der neuesten Version der Telekom-App können sich Jobsucher vom Smartphone aus auch gleich bewerben. Per Knopfdruck lässt sich ein Xing- oder LinkedIn-Profil sowie eine private Bewerbungspage an das Unternehmen elektronisch verschicken. Personaler prüfen dann zunächst, ob der Interessent halbwegs passt, und wenn ja, geht es mit der klassischen Online-Bewerbung weiter.

US-Firmen wie AT&T oder American Apparel sind noch weiter und akzeptieren auch vom Handy aus geschickte Bewerbungen. Das zeigt, wie die Jobsuche in Zukunft abläuft: Kandidaten haben ihren Lebenslauf ständig bei einem Cloud-Dienstleister gespeichert; interessiert sie eine Stelle, schicken sie dem Arbeitgeber den passenden Link - und das war es dann. "Für den Erstkontakt reicht das sicher aus", meint Stephan Böhm von der Hochschule Rhein-Main. Telekom-Manager Staffler erwartet, dass sich durch die neuen mobilen Möglichkeiten die Gepflogenheiten bei der Personalsuche insgesamt ändern werden: "Die Bewerbung wird kürzer und knackiger - so, wie sie in Asien schon heute ist." Auf Hochglanz polierte Motivationsschreiben im Erstkontakt hält er für ein Auslaufmodell.