IT-Arbeitsmarkt Franken

Jobs für Sesshafte und Forscher auf Zeit

12.11.2008
Von 
Ingrid Weidner arbeitet als freie Journalistin in München.
Politisch fühlen sich die Franken vielleicht benachteiligt, wirtschaftlich dagegen bieten sich in Nürnberg oder Erlangen für IT-Profis etliche Chancen.

In der europäischen Metropolregion Nürnberg leben rund 3,5 Millionen Menschen. Die Arbeitslosenquote liegt mit 5,4 Prozent zwar über der in München (4,3 Prozent), doch die wirtschaftliche Entwicklung der Region sei auf einem guten Weg. Während die spektakuläre Pleite des Traditionsunternehmens Grundig oder der Wegzug von AEG vielen noch im Gedächtnis haftet, entstanden dort viele neue Unternehmen. Bernd Schostok vom Amt für Wirtschaft der Stadt Nürnberg lobt besonders die enge Zusammenarbeit über die Stadtgrenzen hinaus, denn "Metropolregion Nürnberg" sei mehr als ein Marketing-Begriff, nämlich erfolgreich praktizierte Kooperation. Ein gemeinsames Entwicklungsleitbild für die Wirtschaftsregion definierte für sechs Sparten besondere Wachstumspotenziale; neben Information und Kommunikation zählen dazu innovative Dienstleistungen sowie Automation und Produktionstechnik.

Hartmut Beck von der IHK in Nürnberg schätzt den IT-Arbeitsmarkt in Region als stabil ein. "Die Auftragslage ist gut, viele Unternehmen suchen Mitarbeiter", so Beck. Zu den großen mittelständischen Unternehmen am Ort zählt Datev. Das Unternehmen beschäftigt in Nürnberg rund 5500 Mitarbeiter, davon arbeiten rund 1200 als Entwickler. "Wir gehen weiter von einem Wachstumskurs aus", erzählt Wolfgang Zdral. Für 2009 plant Datev 250 Neueinstellungen, davon vermutlich zwei Drittel im IT-Umfeld. Im IT-Bereich sucht das Unternehmen weiterhin Informatiker, Wirtschaftsinformatiker, Softwareentwickler sowie Wirtschaftswissenschaftler und Vertriebsmitarbeiter.

Datev denkt langfristig

Wer sich für die fränkische Metropole und Datev entscheidet, bleibe meist länger, die Fluktuation im Unternehmen sei gering. "Wir haben mehr Bewerbungen als offene Stellen", erzählt der Datev-Mann Zdral. "Als Genossenschaft denken wir langfristig und orientieren uns nicht nur an Quartalsergebnissen." Zahlreiche Sozialleistungen wie eine aktive Gesundheitsvorsorge und attraktive Teilzeitmodelle erhöhten die Zufriedenheit.

Wer in der Region lebt, möchte oft auch dort bleiben. Das kann Personalberater Jürgen Rohrmeier von Pape Consulting bestätigen, denn auf seinen Schreibtisch flattern viele Bewerbungen aus Franken. "Leider wollen die meisten nicht nach München umziehen", bedauert er. Rohrmeier lobt die Region Nürnberg, die "mit dem Fraunhofer-Institut und zahlreichen Startups viel kreatives Potenzial" biete. Allerdings gäbe es dort nicht genügend Arbeitsplätze.

Forschen auf Zeit

Mit dem Fraunhofer IIS (Institut für Integrierte Schaltungen) in Erlangen befindet sich ein weiterer großer Arbeitgeber in der Region. An dem Forschungsinstitut arbeiten rund 580 Mitarbeiter. Jährlich rekrutiert Personalerin Meike Dückert zwischen 30 und 40 neue Kollegen, manchmal kommt sie sogar auf 100 Neueinstellungen pro Jahr. Am größten Fraunhofer-Institut sind vor allem Elektrotechniker und Informatiker gefragt.

Natürlich klingenden Surround-Sound auf Stereokopfhörer bringt die Ensonido-Technik, entwickelt am Fraunhofer IIS in Erlangen. Dort forschen Informatiker und Elektrotechniker auf Zeit.
Natürlich klingenden Surround-Sound auf Stereokopfhörer bringt die Ensonido-Technik, entwickelt am Fraunhofer IIS in Erlangen. Dort forschen Informatiker und Elektrotechniker auf Zeit.

Doch Personalerin Dückert klagt über zu wenige Bewerbungen. "Es besteht durchaus Fachkräftemangel. Wir konkurrieren mit der gesamten Wirtschaft um die Bewerber." Zwar wartet das Institut mit interessanten Forschungsprojekten auf. Der MP3-Player wurde dort erfunden, in 16 Forschungsabteilungen und einer Vielzahl an Projekten tüfteln Entwickler an Neuem. Doch ein Handicap stellt vermutlich der Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst dar: Die im Vergleich zur freien Wirtschaft bescheidenen Gehälter schrecken manchen Bewerber ab. Andere möchten vermutlich eine längerfristige Perspektive, denn die Arbeitsverträge am IIS sind auf höchstens sechs Jahre befristetet.

"Wir sind ein Durchlauferhitzer. Das ist durchaus gewollt, denn wir sind kein Arbeitgeber auf Lebenszeit", verteidigt Dückert das Modell. Die enge Verknüpfung zwischen Wirtschaft und Forschung ermögliche es jungen Hochschulabsolventen, sich für einige Jahre intensiv mit innovativen Fragen zu beschäftigen. Der Freiraum, den eine Forschungseinrichtung biete, sowie die Möglichkeit, Ideen einzubringen, Netzwerke zu knüpfen und das eigene Profil zu schärfen, erhöhten anschließend die Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Die spätere Suche nach dem nächsten Job bezeichnet Dückert als "problemlos". Den Fraunhofer-Mitarbeitern stünden anschließend viele Wege offen.

Einen Bericht über den IT-Arbeitsmarkt Oberbayern finden sie hier.