Rationalisierungspotential noch nicht ausgeschöpft:

Job-Vergabe vereinfacht die Budgetkontrolle

13.09.1985

Angesichts gestraffter DV-Budgets stellt sich bei neuen Anwendungen und Investitionsentscheidungen immer drängender die Frage, ob die Ressourcen, die für die Neuvorhaben aufgebracht werden müssen, in einem angemessenen Verhältnis zu den benötigten Finanzmitteln stehen. Auch die Berücksichtigung der Folgekosten gewinnt bei diesen Planungsaufgaben immer mehr an Bedeutung.

Als Ergebnis einer kritischen Prüfung stellt sich nicht selten heraus, daß die installierte Anlage leider nicht die maßgeschneiderte Lösung darstellt, sondern entweder Überkapazitäten aufgebaut wurden um eventuell auftretende Bedarfsspitzen auffangen zu können, oder aber einige Anwendungen nur bedingt oder gar nicht gefahren werden können. So lassen vor allem umfangreiche Dialoganwendungen, die eine entsprechende CPU- und Bus-Auslegung erfordern, diese Kapazitäten nach Büroschluß weitgehend brachliegen.

Was liegt also näher, als die gewünschte Dienstleistung und die speziell hierfür erforderliche Maschinenkapazität von außen hinzuzukaufen oder aber diese selbst zu installieren und auch für Dritte verfügbar zu machen, um eine bessere Auslastung zu erreichen.

Das Konzept, die DV-Abteilung durch Auslagerung und Verselbständigung von einer Kostenstelle zu einem Profit-Center zu machen, bildet den Ausgangspunkt bei einer Reihe von Unternehmensgründungen im DV-Dienstleistungssektor .

Beispiele hierfür finden sich vor allem in der metallverarbeitenden Industrie sowie in der Versicherungswirtschaft und im Bankbereich. Die vielfach zu beobachtende Expansion der Datenverarbeitung auf immer mehr Anwendungsgebieten und die damit verbundenen Kostensteigerungen in den genannten Bereichen machten eine verursachungsgerechte Kostenverteilung und leistungs- und funktionsgerechte Spezifizierung immer dringlicher, aber leider auch immer schwieriger oder sogar unmöglich, da die hierfür nötigen Erfassungssysteme und -techniken unvollkommen oder überhaupt nicht vorhanden waren. Bei der Auslagerung der kompletten DV-Abteilung stehen vor allem folgende Kostengesichtspunkte im Vordergrund.

Die Lohn- und Gehaltsabrechnung beispielsweise gehört nicht zuletzt durch die vom Gesetzgeber regelmäßig zu erwartenden Änderungen sowie durch die Auflagen des BDSG zu den wartungsintensiven und stark pflegebedürftigen Programmen. Diese durch hohe Ressourcen-Bindung bei vergleichsweise geringer Effizienz gekennzeichnete Anwendung war daher schon sehr früh eine der Domänen der DV-Dienstleister, vor allem im Bausektor mit seinen komplexen Berechtigungsmethoden und umfangreichen Sonderregelungen.

Für eine feste Summe, meist pro abzurechnenden Mitarbeiter sowie einmalige Erfassungskosten der Stammdaten, findet sich dieser Komplettservice heute in der Angebotspalette einer Vielzahl von Service-Unternehmen und bietet so gerade den mittelständischen Firmen, wie sie in der Bauwirtschaft häufig zu finden sind, Rationalisierungsmöglichkeiten, die mit keinerlei Investitionen verbunden sind. Dies schließt jedoch nicht aus, daß auch große Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten gerade dieses Angebot zu ihrem Vorteil nutzen.

Mehr als ein Drittel der Kunden von Service-Rechenzentren sind, wie eine neuere Untersuchung des VDRZ ergab, gerade in dieser Größenklasse angesiedelt. Auch die Nutzung neuer Techniken, wie etwa CAD oder auch Btx, sind durch die Auslagerung dieser Anwendungen ohne eigenes Risiko und Finanzmittelbindung möglich.

"Fliegender Start" gewinnt zukünftig an Bedeutung

Neben der genauen Kostenabgrenzung kommt hier ein zweiter wesentlicher Aspekt hinzu, nämlich die Chance, mit einem extern genutzten System relativ problemlos in die neue Technik einzusteigen, dort Erfahrungen zu sammeln und die Entscheidung, ob gegebenenfalls später die Anwendung ganz oder teilweise auf eine vorhandene eigene Anlage übernommen werden soll, im Licht der gesammelten Erfahrungen leichter fällen zu können.

Diese auch als "fliegender Start" zu bezeichnende Vorgehensweise, Programme und Hardware auf ihre Funktionalität und Ablauffähigkeit hin zunächst unter realistischen Bedingungen einer genauen Prüfung zu unterziehen und später als Turnkey-Lösung in ausgetestetem Zustand zu übernehmen, wird schon heute bei einer Reihe von Anwendungen praktiziert und in Zukunft sicher an Bedeutung gewinnen, bietet sich doch hier die Möglichkeit zu überschaubaren Vorlaufkosten, was das Risiko einer Fehlinvestition erheblich senkt.

Sowohl die komplette als auch die teilweise Auslagerung stellen daher geeignete Maßnahmen dar, den DV-Kostenblock transparenter zu machen, und bieten in vielen Fällen eine reelle Chance, die Informationskosten besser in den Griff zu bekommen und zu steuern:

- Die Fachabteilungen werden kostenbewußter, da nunmehr die jeweiligen Leistungen direkt zugerechnet werden.

- Das ausgelagerte Rechenzentrum kann gewinnorientiert arbeiten und über eine bessere Kapazitätsauslastung kostengünstiger arbeiten.

- Das bei der Entwicklung von Software für Dritte gewonnene Know-how kommt auch der Muttergesellschaft zugute.

DL-Umfang kann dem aktuellen Bedarf angepaßt werden

Natürlich sind in der Anlauf- und Umbauphase auch gewisse Probleme zu überwinden, vor allem durch die Neuorientierung des gesamten DV-Bereichs. Auch die angestrebten Außenumsätze sind naturgemäß nicht vom ersten Tag an zu erzielen.

Allerdings ist der Schritt der DV-Auslagerung und Verselbständigung in der Tat geeignet, die Informationskosten zunächst greifbarer zu machen und in den allermeisten Fällen zu reduzieren.

Jüngste Beispiele aus den USA und auch bei uns machen deutlich, daß hier noch umfangreiches Rationalisierungspotential vorhanden ist. Die anstehende Überführung der DV-Abteilung eines großen Automobilherstellers in eine eigene Gesellschaft markiert wohl einen der vorläufigen Höhepunkte dieser Entwicklung.

Als zweite Möglichkeit, die Informationskosten in den Griff zu bekommen, bietet sich die Ausgliederung spezifischer und spezieller DV-Anwendungen an.

Als Beispiele seien hier angeführt: Lohn- und Gehaltsabrechnungen, CAD/CAM-Anwendungen, die Nutzung von Hochgeschwindigkeits-Laser-Druckern, die Pflege umfangreicher Adreßbestände und die Durchführung von Direct-Mailing-Aufgaben, COM-Dienste, aber auch umfangreiche Datenerfassungsaufgaben und nicht zuletzt die kommerzielle Nutzung des Btx-Dienstes.

Für alle genannten Spezialaufgaben stehen Dienstleistungsunternehmen mit qualifizierten und preisgünstigen Leistungsangeboten zur Verfügung. Die Kosten für die entsprechenden Leistungen sind von vornherein kalkulierbar und lassen dem einzelnen Betrieb jederzeit die Möglichkeit, den Umfang der Dienstleistungen dem aktuellen Bedarf anzupassen und damit auch die Kostenseite zu steuern, da der Fixkostenanteil in den meisten Fällen erheblich unter den vergleichbaren Inhouse-Lösungen liegt und häufig sogar ganz wegfällt.

* Wolfgang Stürwohld Geschäftsführer des Verbandes Deutscher Rechenzentren e.V. (VDRZ), Hannover.