Siemens Enterprise Communications

"Jetzt schalten wir auf Angriff um"

14.09.2011
Von  und
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
Heinrich Vaske ist Editorial Director a.D. von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO.

Wir haben Unified Communications erfunden

CW: Sie wollen neue Telefone als Unified-Communications-Geräte herausbringen.Hier positionieren sich Cisco mit dem "Cius" und Avaya mit dem "Flare" schon seit anderthalb Jahren als Innovatoren im Markt.

HERRLICH: Natürlich wollen wir auch als Innovator wahrgenommen werden. Nehmen Sie nur das Thema Unified Communications. Wer hat es erfunden? Wir haben es erfunden!

CW: Das wussten Sie aber gut zu verbergen.

HERRLICH: Da sprechen Sie vielleicht einen wunden Punkt in unserer Wahrnehmung an. Sind wir in unserer Selbstdarstellung zu konservativ? Ich denke, im Gegensatz zu anderen Playern würden wir uns nie trauen, mit einem Mockup oder einem Designentwurf irgendwo hinzugehen. Wir haben uns immer an die Regel gehalten, nur über Produkte zu sprechen, die spätestens drei Monate später auch verfügbar sind.

CW: Und Ihre Konkurrenten bauen sich in der Zwischenzeit ein Image als visionäre Gestalter neuer Kommunikationsplattformen auf.

HERRLICH: Dieser Wahrnehmung widerspreche ich. Das Endgerät ist ja nur ein Aspekt. Viel entscheidender ist die offene Architektur im Hintergrund. Wir sind mit der Idee einer wirklich einfach zu bedienenden UC-Umgebung sehr weit fortgeschritten. Bei unserer Lösung brauchen die User kein dickes Handbuch, sondern leiten etwa eine Videokonferenz rein intuitiv ein. Als einer der ersten Anbieter bringen wir eine softwarebasierende Video-bridge auf den Markt, mit der Sie das Equipment verschiedener Hersteller zusammenschalten können.

CW: Dann verstehen wir Ihre Kommunikationspolitik noch weniger. Die Interoperabilität von Videosystemen war eines der Themen in den letzten Monaten.

HERRLICH: Wir arbeiten an unseren Auftritten und optimieren unser Marketing ständig. So starten wir mit zwei mobilen Customer-Information-Centern, um den Anwendern direkt vor Ort unsere Lösungen vorführen zu können. Ich denke, wir können so mit einem gewissen Whow-Effekt zeigen, was unsere Lösungen leisten.

CW: Seit 2008 gehören Sie zu Gores. Sind drei Jahre nicht etwas lang für eine Selbstfindungsphase?

HERRLICH: Wir sind aus der Siemens AG herausgelöst worden und bekamen einen neuen Shareholder. Unsere Intention war erst einmal, das seit zehn Jahren rückläufige Geschäft zu stabilisieren und die Profitabilität zu verbessern.

CW: Und wo stehen Sie nun?

HERRLICH: Wir schreiben wieder schwarze Zahlen, und der Cashflow ist positiv. Im letzten Jahr haben wir die nächste Phase in der Unternehmensentwicklung eingeleitet. Ganz bewusst haben unsere Shareholder gesagt, jetzt führen wir das Unternehmen wieder auf Wachstumskurs und schalten auf Angriff um. Dementsprechend kümmern wir uns nun stärker um die Portfolioarbeit und die vertriebliche Aufstellung.

CW: Apropos Portfolio: Sind Sie ein Technologieanbieter oder ein Integrator?

HERRLICH: Auf der einen Seite wollen wir als global agierendes Technologieunternehmen gesehen werden, das Produkte und Lösungen im Bereich Voice-Switching, Unified Communications, Call-Center und Mobilität anbietet. Auf der anderen Seite hatten wir immer schon ein starkes Servicegeschäft. Traditionell ging es im Hardwarebereich um Installation und Wartung. Jetzt positionieren wir die Firma im Grunde als einen Systemintegrator mit einem starken eigenen Technologieportfolio.