Cloud Computing

Jeder muss die Risikoabwägung machen

13.10.2010
Von 
Oliver Häußler arbeitet als freier Journalist und Moderator in der IT- und Telekommunikationsbranche. Seine journalistischen, wirtschaftlichen und technischen Erfahrungen sammelte der Kommunikationswissenschaftler während seiner über 20 Jahre langen Tätigkeit als Chefredakteur von renommierten Fachzeitschriften wie der Funkschau, FunkschauHandel, NetworkWorld und als Moderator von Kongressen, Webcasts und zahlreichen Podiumsdiskussionen.

Ein "neues Evangelium"

Halten Sie das Modell der Private Cloud für zukunftsfähig?

Von Gunten: Nein, das ist eine Übergangserscheinung. Ich kann verstehen, dass für einige Unternehmen diese Varianten im Moment noch als attraktiv erscheinen, denke aber, dass es in vielen Fällen nicht wirklich Sinn macht, die Investitionen in eine eigene virtualisierte Infrastruktur noch zu tätigen. Da ist das Model der Virtual Private Cloud, wie es zum Beispiel Amazon bietet, schon einiges vielversprechender.

Sind die Standards für Public Clouds im Hinblick auf Sicherheit und Recht denn heute schon ausreichend definiert?

Von Gunten: Zertifizierungen wie SAS70 oder ISO27001 sind bereits weit verbreitet. Allerdings ist die Cloud-Computing-, ja die Internet-Ära überhaupt, noch jung. Gerade dem globalen Aspekt dieses Paradigmas hinken die nationalen Rechtssysteme weitgehend hinterher, darum muss immer im Einzelfall geklärt werden, ob der rechtliche Rahmen einen sinnvollen Einsatz von Cloud Computing erlaubt. In den meisten Fällen ist das so, aber nicht in allen.

Anbieter geben ihrem Cloud-Provider einen gewissen Vertrauensvorschuss im Umgang mit ihren Daten. Welche Kontrollmöglichkeiten hat der Kunde gegenüber dem Provider?

Von Gunten: Er muss sich da weitgehend auf den Markt, auf die Zertifizierungen und die rechtlichen Rahmenbedingungen verlassen. Das ist ähnlich wie bei den meisten anderen Dienstleistungen. Sie können meistens nicht wirklich unter die Haube schauen. So können Sie in der Regel nicht bei Ihrer Versicherung vorbeigehen und sich zeigen lassen, wie deren Berechnungsmodelle entstehen und ob diese sicher mit Ihren Daten umgehen. Im Wesentlichen geht es hier um Vertrauen, und dieses Vertrauen wird sich die Cloud-Computing-Branche Schritt für Schritt aufbauen. Jeder muss immer wieder selber für sich die Risikoabwägung gegenüber den Geschäftspotenzialen machen, wenn er mit jemandem in eine geschäftliche Beziehung treten will.

Sie bezeichnen sich als Cloud-Computing-Evangelist, also als Verkünder dieser Technologie. Was haben Sie sich zum Ziel gesetzt?

Von Gunten: Ich bin der Meinung, dass Cloud Computing ein fantastisches Model ist. Es ermöglicht sehr kleinen Gruppen, mit wenigen finanziellen Mitteln viel zu bewirken. Die Menschen und die Unternehmen können sich auf Innovationen durch Technologie konzentrieren und müssen sich nicht mit der Infrastruktur herumschlagen. Gerade für unsere Softwareindustrie birgt das Modell großartige Chancen. Ich finde es wichtig, dass wir diese nutzen. Je mehr Unternehmen auf dieses Modell setzen, desto bessere Produkte werden wir bekommen.