Jedem das Seine: DOS, OS2 oder Unix

23.02.1990

Die meisten PC-Benutzer wußten sehr schnell, daß OS/2 nichts für sie ist. Für die überwiegende Mehrheit war es zu groß, zu teuer, zu komplex und zu nutzlos. Und für die, die es hätten brauchen können, gab es keine Software. Einzig IBM und Microsoft weigerten sich, das zu akzeptieren. Sie blieben bei ihrer weltfremden Annahme, daß OS/2 ein direkter Ersatz für DOS sei. Nur wollte kaum jemand einen solchen Ersatz.

DOS selbst nämlich war den Anwendern nie wirklich ein Problem gewesen. Höchstens insofern, als es ihnen zu kompliziert ist. OS/2 aber ist in jedem Fall noch ein gutes Stück komplizierter als DOS, und da hilft auch der schönste Presentation Manager nichts.

Sicher, Multitasking hätten sie gelegentlich ganz gerne. Wäre das allerdings jemals ein wirklich dringendes Bedürfnis gewesen, wären Desqview, Windows, Concurrent DOS und sogar IBMs unsägliches Topview schon längst Bestseller geworden.

OS/2 ist kein DOS-Upgrade, sondern etwas ganz Neues. DOS und OS/2 leben in unterschiedlichen Welten. Die Tatsache daß sie - wie die zugehörige Hardware - aus einer Wurzel entsprangen und daß noch gewisse Ähnlichkeiten und Überschneidungen bestehen, bedeutet nicht, daß sie Konkurrenten wären.

Insofern ist die Frage, ob OS/2 Erfolg haben wird oder nicht, eine Frage des Marktes, den man meint. OS/2 zielt auf den Markt der "Bürocomputer", wo sich bislang jeder Hardware-Hersteller sein eigenes Betriebssystem gestrickt hatte. Dort versucht IBM einen eigenen Standard zu etablieren bevor Unix zum Standard wird. OS/2 wendet sich an diejenigen, die einen Nixdorf-, Siemens-, IBM-, Wang- oder Philips-Bürocomputer in ihrem Geschäft stehen haben und für spezielle Einsatzfälle den einen oder anderen DOS-PC. Sie sollen sich für OS/2 entscheiden statt für Unix.

Neben dem Markt für Bürocomputer jedoch wird es weiterhin einen großen - auch professionellen - Markt geben für Computer um die 1000 Dollar, und von denen wird auf absehbare Zeit vermutlich keiner unter OS/2 laufen.

Dieser Markt der "persönlichen" Computer ist viel zu groß, als daß das Standard-Betriebssystem dafür so ohne weiteres aussterben und von einem Monstrum abgelöst werden könnte, das alleine doppelt so viel Speicher braucht, wie die Standardcomputer, auf denen es laufen soll, überhaupt besitzen.

So wie es aussieht, werden beide Systeme noch einige Jahre nebeneinander bestehen. Wer spezielle Fähigkeiten wirklich braucht, wird umsteigen - auf OS/2 oder auf Unix oder ein anderes Betriebssystem. Der Rest wird sich weiterhin mit billigeren Lösungen und mit DOS behelfen. gs