40 Jahre bei der gleichen Firma

Je älter, desto unkündbarer? Ein Trugschluss

18.07.2011
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Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.

Grundsatz von Treu und Glauben entscheidend

Das Landesarbeitsgericht hat dazu angemerkt, dass der Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger wirksam gekündigt hat, wobei der Maßstab dieser Kündigung lediglich der Grundsatz von Treu und Glauben ist, weil kein allgemeiner Kündigungsschutz besteht. Eine Kündigung verstößt nur dann gegen § 242 BGB wenn sie Treu und Glauben aus Gründen verletzt, die von § 1 des Kündigungsschutzgesetzes nicht erfasst sind. Arbeitnehmer sind somit gemäß § 242 BGB in erster Linie nur vor willkürlichen oder auf sachfremden Motiven beruhenden Kündigungen geschützt.

Die Beklagte hat hier nicht gegen Treu und Glauben verstoßen, denn selbst bei Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetztes wäre ihr kein Auswahlfehler vorzuwerfen, weil der Arbeitsplatz des Klägers ersatzlos entfällt und er mit den anderen beiden in der Werkstatt beschäftigten Arbeitnehmern nicht vergleichbar ist.

Eine Treuwidrigkeit der Kündigung folgt auch nicht aus der langen Betriebszugehörigkeit des Klägers, seinem Lebensalter und seiner sozialen Schutzbedürftigkeit. Diese Umstände allein lassen die Kündigung nicht als willkürlich oder sachfremd erscheinen, denn es gibt keine gesetzliche Vorschrift, wonach beispielsweise nach einer bestimmten Dauer der Betriebszugehörigkeit automatisch eine Unkündbarkeit eintritt. Es existiert auch kein allgemeiner entsprechender Rechtsgedanke, der über § 242 BGB zu schützen wäre.

Kündigung nicht treuwidrig

Eine Treuwidrigkeit der Kündigung ergibt sich auch nicht daraus, dass die Beklagte den Kläger nicht fortgebildet hat. Der Arbeitgeber kann nicht für die fehlende Qualifikation des Arbeitnehmers verantwortlich gemacht werden, denn es ist Aufgabe es Arbeitnehmers, seine Qualifikationen im Blick zu behalten und diese aktiv zu betreiben.

Engelhardt empfiehlt, das Urteil zu beachten und bei ähnlichen Fällen auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen, und verweist in diesem Zusammenhang u. a. auch auf die DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. (www.mittelstands-anwaelte.de).

Weitere Informationen und Kontakt:

Stefan Engelhardt, Rechtsanwalt, Lehrbeauftragter für Arbeitsrecht und Landesregionalleiter "Hamburg" der Deutschen Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e.V., c/o Roggelin & Partner, Alte Rabenstr. 32, 20148 Hamburg, Tel.: 040 769999-36, E-Mail: stefan.engelhardt@roggelin.de, Internet: www.roggelin.de