Zahlreiche Neuerscheinungen

Java macht auch bei den Buchverlagen Furore

04.04.1997

Wie neu Java ist, zeigt sich auch an den Büchern. Es gibt viele Einsteigerbücher, doch die meisten sind eigentlich Umsteigerbücher, da über Programmiertechniken kein Wort verloren wird, sondern nur die Möglichkeiten der Sprache und ihr Aufbau behandelt werden. Die Anwendungsbeispiele in den Texten sind zu oft reine Spielanwendungen, die den Verdacht nähren, Java sei tatsächlich nur ein umständliches Verfahren, Web-Seiten aufzuplustern. Ein Grund dafür ist wohl auch der Mangel an Erfahrungen mit Java bei der Entwicklung komplexerer Anwendungen.

So viele Einführungen es für Java auch gibt, kaum eine vermittelt dabei auch grundsätzliche Programmiertechniken. Eine Ausnahme bildet das umfangreiche Buch von Vater und Sohn Deitel: Java - How To Program, Prentice Hall 1997, 1050 Seiten. Es richtet sich an den Programmierneuling, dem nicht nur mitgeteilt wird, welche Datentypen Java kennt, sondern auch, was ein Datentyp ist. Programmcode wird nicht bloß aufgelistet, sondern zeilenweise analysiert. Ein ausgeklügeltes didaktisches Konzept macht das Buch auch zum Selbststudium geeignet. Etwas unglücklich ist der Umstand, daß der Kurs gleich mit der Applet-Progammierung beginnt und damit viele objektorientierte Arbeitsschritte verlangt, die erst sehr viel später erklärt werden. Abgedeckt werden alle Bereiche von Java, also auch Netzwerk- und Multimedia-Programmierung, ohne daß das Buch zum kommentierten Nachschlagewerk würde.

Sehr viel weniger anstrengend gibt sich Laura Lemay und Charles Perkins: Java in 21 Tagen, SAMS 1996, 571 Seiten plus CD, 79,95 Mark, aber entsprechend geringer ist auch der Ertrag. Die schnell lesbare Darstellung richtet sich an Einsteiger mit einer gewissen Programmiererfahrung und führt diese in 21 Kapiteln (aber deutlich mehr Tagen) in den Umgang mit Java auf dem Stand der Betaversion des JDK 1.0 ein. Die zahlreichen Fehler im Buch, die bereits in der englischen Fassung moniert wurden, scheinen ihren Weg unbeschadet in die deutsche Ausgabe gefunden zu haben.

Titel hatten in den guten alten Zeiten die Funktion, einen Hinweis zu geben, was in dem Buch steht. Bei Patrick Naughton, Herbert Schildt: Java. The Complete Reference. Osborne 1997, 886 Seiten 39,95 Dollar, stimmt immerhin das Wort "Java". Dieses Buch ist nämlich weder eine Referenz, noch ist es komplett, aber es ist eine gut lesbare Einführung in Java, die nicht nur die Sprache, sondern auch die wichtigsten Klassen ausführlich behandelt. Eigene Kapitel zum Thema Entwicklungsumgebungen und Migration von C++ zu Java, vor allem aber über hundert Seiten, auf denen der Code kompletter Java-Anwendungen analysiert wird, erhöhen den praktischen Gebrauchswert des Buchs. Insgesamt kommt es dem Buch zugute, daß es die gründlich überarbeitete und stark erweiterte Neufassung von Patrick Naughton: The Java Handbook ist. Gewisse Schwächen des Handbook, beispielsweise die arg kursorische Behandlung des AWT, wurden in der Zusammenarbeit mit Schildt, einem sehr erfolgreichen Autor von C-Büchern, weitgehend ausgeglichen.

Nicht viele Java-Bücher von deutschen Autoren sind so sorgfältig gemacht wie das Java-Programmierhandbuch und die Referenz von Stefan Middendorf, Reiner Singer, Stefan Strobel: dpunkt 1996, 811 Seiten, 88,00 Mark. Die erste Hälfte bietet dem Programmierprofi einen kompakte Einführung in alle wesentlichen Aspekte von Java, während die zweite Hälfte eine Referenz zu den Klassen von JDK 1.0 (etwa im Stil der Online-Hilfe) enthält. Die ausführliche Behandlung der Oberflächenprogrammierung und des Event-Handling eröffnet diesen Bereich auch dem Neuling der GUI-Gestaltung. Auch der durchdachte Anhang und das sehr praktische Register machen das Werk zu einem äußerst nützlichen Handbuch, das hoffentlich bald an das JDK 1.1 angepaßt wird.

Ebenso empfehlenswert ist David Flanagan: Java in a Nutshell, deutsche Ausgabe, O´Reilly 1996, 449 Seiten, 39 Mark, das ebenfalls eine Mischung aus Überblicksdarstellung und Referenz zu den Klassenbibliotheken enthält. Die sehr komprimierte Darstellung richtet sich insbesondere an den erfahrenen C- oder C++-Programmierer, ohne dessen Vorkenntnisse das Buch oft unverständlich bleibt. Flanagans Buch wird zu Recht in den Java-Newsgroups immer wieder lobend erwähnt. Eine neue englischsprachige Ausgabe zu JDK 1.1 ist bereits angekündigt.

Bekanntlich haben auch Bücher ihr Schicksal. Aber nur selten werden so einzigartige Dokumente des Unverständnisses geschaffen wie im Fall von John Rodley: Web Applets programmieren mit JavaScript, tewi 1996, 389 Seiten + CD, 79 Mark. Eigentlich handelt es sich dabei um ein sehr brauchbares Buch, das aber nicht, wie vom Titel verheißen, in die Programmierung mit Javascript, sondern mit Java einführt. Rodley verwendet zur Demonstration nicht wie üblich zahlreiche Beispielprogramme, sondern eine größere Anwendung, ein Agent-System. Das Buch zeigt in vielen Kommentaren ungewöhnlich viel Praxiserfahrung und hat dieses Schicksal einfach nicht verdient. Denn ein greller Mangel an Sachwissen zeigt sich auch in der Übersetzung des Texts. Der Hinweis etwa, daß mehrfache Initialisierungen zu "subtilem Ungeziefer" führen können, erhellt sich dem Leser eigentlich erst durch Rückübersetzung: "subtil bugs" wird da gestanden haben, also schwer zu findende Fehler.

Die hohe Geschwindigkeit der Software-Entwicklung hat einige Verlage dazu geführt, mit umfangreichen Autorenteams zu arbeiten, um schnell auf Neuerungen reagieren zu können. Ein typischer Sammelband dieser Art ist Alexander Newman u.a.: Special Edition Java. Que, 1091 Seiten + CD, 79,95 Mark. Auf sehr unterschiedlichem Niveau werden alle nur denkbaren Aspekte von Java beleuchtet. Angesichts der großen Konkurrenz an besseren Büchern ist die Darstellung der Programmiersprache und der wichtigsten Bibliotheken wenig verlockend. Interessant wird das Buch allerdings durch Kapitel über Java und VRML, Objektserialisierung und vor allem durch nahezu 100 Seiten über die Verwendung von Java in Verbindung mit Datenbanken.

Wer die offizielle Dokumentation zu Java sucht, der wird bei Addison-Wesley fündig, wo die Java Series mit offizieller Absegnung von Javasoft erscheint. Ein Buch aus der Serie muß besonders hervorgehoben werden: James Gosling, Bill Joy and Guy Steele: Java: Die Sprachspezifikation. Addison-Wesley 1997, 758 Seiten, 89,90 Mark. Das Buch der Java-Entwickler eignet sich weder als Einführung noch als schnelles Nachschlagewerk für die Praxis. Hier findet der Leser aber eine gründliche und umfassende Behandlung aller Sprachmerkmale und der Basisklassen (auch für JDK 1.1).

Eine bemerkenswerte Ausnahme im Reigen der trockenen Sachbücher bildet Peter van Linden: Java pur. Hintergründe und Entwicklung. Heise 1996, 336 Seiten + CD. Die eigenwillige Einführung in die Programmiersprache beschränkt sich auf das, was der Autor mit guten Gründen für wesentlich hält, und verbindet dies mit der einen oder anderen gelungenen Abschweifung, deren Esprit durch eine seltsame Wechselwirkung den Wissenstransfer beflügelt.

*Fotis Jannidis arbeitet als freier Autor in München.