Die Folgen für die ITK-Industrie

Japan nach dem Erdbeben

16.03.2011
Von 
Heinrich Vaske ist Editorial Director a.D. von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO.

Komponenten und Chips

Die Preise für Elektronikchips, insbesondere für DRAM- und Nand-Flash-Speicher, sind seit der Katastrophe bereits stark gestiegen. Dabei sind die Fertigungsstätten der großen japanischen Lieferanten von Erdbeben und Tsunami weitgehend verschont geblieben. Allerdings hat Toshiba Presseberichten zufolge seine Produktion von Mikroprozessoren und Bildsensoren in Iwate gestoppt. Der Konzern deckt rund ein Drittel des weltweiten Bedarfs an Nand-Chips.

Halbleiterfabriken brauchen eine kontinuierliche Stromversorgung, die aber durch die Abschaltungen im japanischen Elektrizitätsnetz gefährdet scheint. Werke nach einem Stromausfall wieder hochzufahren, kann mehrere Wochen dauern. Keine nennenswerten Auswirkungen soll es für Japans einzigen großen DRAM-Hersteller Elpida Memory gegeben haben. Das Unternehmen ist in Hiroshima ansässig, mehr als 500 Meilen entfernt vom Erdbebengebiet.

Grundsätzlich sind die meisten Chipfabriken in Japan weit abseits der Erdbebenregion zu finden. Große Risiken bestehen dennoch, da Japans Infrastruktur gelitten hat, die Energieversorgung in den nächsten Wochen beeinträchtigt sein dürfte und die Folgen des Atom-GAUs noch nicht absehbar sind. Analysten erwarten – auch psychologisch motiviert - Preissteigerungen, da die Halbleiterindustrie zu einem Gutteil von japanischen Lieferanten abhängig sei.

Der Preis für Nand-Flash-Bausteine, die unter anderem in iPads, iPhones und zahlreichen Smartphones eingesetzt werden, ist bereits in kurzer Zeit um mehr als 20 Prozent gestiegen. Japan bedient 40 Prozent des weltweiten Bedarfs an solchen Chips. Stärker noch als die NAND- und DRAM-Speicherhersteller sind einige der weltweit größten Anbieter von Schlüsselkomponenten für die Chipproduktion, insbesondere Silizium-Wafer, von der Katastrophe betroffen.

Siliziumscheiben

Japanische Unternehmen stillen derzeit 72 Prozent des weltweiten Bedarfs an den Silizium-Scheiben, teilen die Banker der Credit Suisse mit. Die Sumco Corp., deren Marktanteil im 300-Millimeter-Wafer-Markt bei 35 Prozent liegt, musste ihre Produktion ebenso unterbrechen wie Shin-Etsu Chemical (30 Prozent Marktanteil). Beide betreiben Produktionsstätten ganz in der Nähe des Katastrophengebiets.

Sumco erklärte, nach einem Sicherheitsscheck werde die Produktion hoffentlich wieder anlaufen können, Menschenleben seien nicht bedroht gewesen. Bei Shin-Etsu hieß es, die Fabriken in Annaka, Kamisu und Nishigo Village hätten ihre Produktion einstellen müssen, das Produktionsequipment an zwei Standorten sei beschädigt worden. Es sei noch unklar, wann und in welchem Ausmaß wieder produziert werden könne, zumal Unterbrechungen in der Stromversorgung wahrscheinlich blieben.

Chipgiganten wie Taiwan Semiconductor (TSMC) und Samsung Electronics sehen angeblich keine mittelfristigen Probleme aufgrund der Schäden in den Wafer-Werken. Zum einen seien ausreichende Lagerbestände vorhanden, zum anderen könnten Distributoren mit ihren Beständen im Notfall aushelfen. Laut Credit Suisse entstehen jedoch ernsthafte Probleme, sollten sich die Ausfälle länger als ein bis zwei Monate hinziehen.