Viele Besucher der CW-Web-Seite halten das Problem für überbewertet

Jahr-2000-Problem: Sinkende DV-Umsätze erwartet

30.01.1998

Viele Anwender halten das Jahr-2000-Problem für überbewertet (siehe Grafik). Dennoch hat es schon jetzt deutlich sichtbare Auswirkungen auf den DV-Markt gezeitigt.

Nutznießer der anstehenden Änderung des Datumsformats waren bislang vor allem die Anbieter von Standardpaketen wie SAP und Baan. Viele Unternehmen haben die Gelegenheit ergriffen und alte Systeme, meist solche auf Großrechnerbasis, ausgemustert. Diese Strategie hat viel dazu beigetragen, daß zum Beispiel die Walldorfer SAP einen Umsatzzuwachs von 60 Prozent für 1997 erwarten darf.

Mit solchen Steigerungen soll es in diesem Jahr vorbei sein, denn die Investitionen in Standardpakete sind getätigt. Daher erwartet zum Beispiel Robert Austrian, ein Analyst der Nations Bank Montgomery Securities, ein Abflauen des Marktes schon in den nächsten Wochen. Große Marktforschungsunternehmen wie die Gartner-Group teilen diese Einschätzung. Dagegen sprechen jedoch Umfragen, nach denen viele User ihre Jahr-2000-Projekte vor allem in diesem Jahr umsetzen.

Auch die dank Internet-Boom prosperierende Netzwerkbranche rechnet in diesem Jahr mit einem sinkenden Kundeninteresse. Laut Komponentenlieferant Cisco werden viele Anwenderunternehmen in diesem Jahr einen kräftigen Teil ihres DV-Budgets dafür investieren, ihre Technik für den Jahrtausendwechsel vorzubereiten, anstatt Produkte zum Ausbau ihrer Netzwerke zu kaufen.

Diese Einschätzung bestätigte sich in einer Umfrage der Kapi- talanlage-Gesellschaft Merrill Lynch bei 50 amerikanischen IT-Chefs. Diese erhöhen den Budgetanteil für Jahr-2000-Projekte 1998 im Schnitt von sieben auf zwölf Prozent. Das Geld werde vor allem in die Einstellung von zusätzlichen DV-Mitarbeitern investiert.

Einige Anbieter mußten bereits 1997 Einbußen aufgrund der veränderten Prioritäten hinnehmen. So steht im Datenbank-Bereich wegen der Internet-Anforderungen eigentlich der Wechsel von klassischen relationalen Datenbanken zu solchen mit Multimedialen Fähigkeiten an. Die von Oracle oder Informix angebotenen Produkte wurden bislang jedoch kaum angenommen. Mitchell Kertzman, CEO des Mitbewerbers Sybase beklagt dasselbe Problem: "Die Jahr-2000-Aufgabe hat auch bei vielen unserer Unternehmenskunden viel Zeit und Geld gebunden".