Jacques Noels steht seit einem Jahr auf der Kommandobruecke "Zenith ist kein Boxenschieber, wir bauen PCs fuer Arbeitsgruppen"

08.04.1994

Zenith Data Systems (ZDS) muss sich behaupten. Der PC-Hersteller zaehlt nicht zu den grossen Zehn dieser DV-Branche, seine Nische ist das Geschaeft mit Behoerden und Grossfirmen. Doch selbst die muessen inzwischen sparen, und so endeten die Jahre 1990 bis 1992 mit roten Zahlen 1993 verbesserte sich die Situation nach einschneidenden Einsparungen unter der Herrschaft des Praesidenten und CEO Jacques Noels. Wie stehen die Zeichen fuer 1994? In Sachen Power-PC-Prozessor werde man abwarten, sagte Gerold Hahn, der Pressesprecher der deutschen ZDS-Niederlassung, obwohl ZDS Zugang zu dieser Technik ueber die Konzernmutter Bull hat. Wichtiger ist im Moment aber, wie sich das Unternehmen den Kunden verkauft. Mit Jacques Noels sprach CW-Redakteur Walter Mehl.

CW: Sie produzieren den Z-Stor, einen Miniatur-Server mit dem Betriebssystem Personal Netware ohne Tastatur und Monitor. Sehen so die Netzrechner der Zukunft aus?

Noels: Wir wollen nicht laenger nur Boxen ueber den Tisch schieben, sondern gezielt DV-Systeme fuer Arbeitsgruppen zur Verfuegung stellen. Dafuer steht unsere Strategie des "Virtual Workgroup Computing". Eine Arbeitsgruppe besteht dabei aus 15 bis 20 Leuten, die sich nicht dafuer interessieren, wie ein PC-Netz funktioniert...

CW: ...und der Administrator?

Noels: In grossen Unternehmen mit 500 oder 600 PCs muss es einen Systemverwalter geben, der das Netz kontrolliert. Er beschaeftigt sich mit der Netzbelastung, einem Netzausfall oder der Sicherheit im Netz. Zwischen den Interessen der Verwaltung und der Anwender gibt es eine Kluft, die Platz fuer uns und unsere Produkte bietet.

CW: Das klingt nach einer lukrativen Marktnische.

Noels: So sehe ich das. Z-Stor ist wichtig fuer uns, aber wir werden uns nicht von diesem Produkt abhaengig machen. Wir bauen weiter Einzelplatz-PCs und tragbare Rechner.

CW: Ist Z-Stor eine Eintagsfliege?

Noels: Nein. Den Rahmen fuer neue Produkte gibt unser Workgroup- Konzept vor. Wir wollen einen preisguenstigen Server mit Festplatte herausbringen, der sich als Datenbank und Druck-Server eignet. Neue Geraete werden mit anderen Betriebssystemen und gaengigen Applikationen ausgeliefert. Richtschnur ist vor allem die 1000- Dollar-Grenze fuer einen Mini-Server.

CW: Angenommen, ein Kunde besteht auf einem Z-Stor mit Banyan Vines. Wuerden Sie ihn liefern?

Noels: Ja.

CW: Und wenn der Kunde nicht nur Zenith-PCs anschliessen will sondern Rechner von Compaq oder Dell...

Noels: Z-Stor laesst sich mit allen PCs verbinden. Wir grenzen keinen Hersteller aus. Unser Ziel ist, den Netz-PC so bedienerfreundlich zu machen wie einen Macintosh von Apple. Deshalb optimieren wir unsere PCs seit langem fuer den Netzbetrieb. Manche Funktionen werden sich daher nur mit Zenith-Rechnern effektiv nutzen lassen. Bei einem Geraet von einem anderen Hersteller koennte sich zum Beispiel der Zugriffsschutz verschlechtern.

CW: Eine Frage noch zur Zukunft Ihrer Muttergesellschaft Bull. In der Tagespresse munkelt man ueber die Zerschlagung des Unternehmens in mehrere Teile. Was aendert sich fuer Sie, wenn Bull in mehrere unabhaengige Unternehmen aufgespalten wird?

Noels: Zuerst einmal: Meiner Meinung nach wird das nicht geschehen...

CW: Sie sollten aber Plaene haben fuer den Fall, dass...

Noels: Natuerlich. Zur Zeit ist Zenith eine voellig eigenstaendige Firma, die in jedem Land direkt mit den Kunden verhandelt und unter eigenem Namen verkauft. Bull ist fuer uns nur ein VAR (Value Added Reseller, d. Red.), mit dem wir pro Jahr etwa zehn bis 15 Prozent unseres Umsatzes machen. Bull ist ein wichtiger Partner fuer uns, doch unsere Kooperation mit dem amerikanischen Distributor Packard Bell ist mindestens genauso wichtig.

CW: Koennten Sie finanziell auf Bull verzichten?

Noels: Nicht von heute auf morgen, aber innerhalb eines Jahres liesse sich sicher eine Basis schaffen, wie wir sie heute haben.

CW: In Frankreich nimmt man Wetten an, dass Bull bis zu den Praesidentschaftswahlen Ende 1995 zerschlagen wird...

Noels: ... und Zenith ein selbstaendiges Unternehmen wird?

CW: Genau.

Noels: Ich glaube, Sie sollten dagegen halten. Sie werden gewinnen.