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"J2EE wird man wegwerfen"

03.07.2001
Im Interview mit der CW-Schwesterpublikation "Infoworld" äußert sich Microsoft-Chef Steve Ballmer zu .NET, XML und der Rolle seines Konzerns im Bereich Unternehmens-IT.

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Im Interview mit der CW-Schwesterpublikation "Infoworld" äußert sich Microsoft-Chef Steve Ballmer zu .NET, XML und der Rolle seines Konzerns im Bereich Unternehmens-IT.

CW: Warum sollten sich Unternehmen heute mit Ihrer Web-Service-Strategie .NET beschäftigen?

BALLMER: Heutzutage liegen Unmengen an Information in Back-Office-Systemen brach. Wir wollen helfen, diese Daten über neue Anwendungen zu erschließen, und zwar unter Nutzung einer XML-Infrastruktur.

CW: Wie sieht das Business-Modell hinter .NET aus?

BALLMER: Wir stellen die Software, Server und Tools für die .NET-Plattform her und verkaufen diese. Außerdem werden wir Konsumenten- sowie Entwickler-orientierte Services anbieten. Solche Abonnement-basierten Dienste können entweder ein Teil von Windows, dessen Zusatz oder ein Zusatz von Office sein. Wir werden auch von den Entwicklern Gebühren verlangen, weil uns für die Bereitstellung von Basisdiensten Kosten entstehen. Keinesfalls wollen wir aber Transaktionsgebühren verlangen.

CW: Wer soll diese Dienste anbieten? Microsoft, Systemintegratoren oder Telcos und Provider?

BALLMER: Da Software unser Geschäft ist, werden wir immer umfangreiche Partnerschaften zu Telcos benötigen. Sie alle verstehen, dass das Internet Protocol (IP) wichtig für die Verteilung ist. Wir wollen mit diesen Unternehmen nicht konkurrieren oder kämpfen, sondern echte Beziehungen eingehen, um Endanwendern die besten IP-basierten Daten- und Telekommunikationsdienste anzubieten.

CW: Was heißt das für IT-Fachleute? Werden sie Vertragspartner werden, die verschiedene Sets an Services über das Internet integrieren?

BALLMER: In ungefähr zehn Jahren, würde ich sagen, ja. In den nächsten Jahren aber noch nicht. Für die meisten IT-Abteilungen bedeutet es bessere Entwicklungs-Tools, bessere Server, die einfachere Integration mit anderen Anwendungen. Was sich in den nächsten drei Jahren ändern wird, ist, dass Leute mit .NET und XML als Austauschformat besser integrierte Anwendungen erstellen und verteilen werden.

CW: Berücksichtigt man das starke Moment hinter Java von Seiten der Entwickler und Unternehmenskunden, wo liegt dann die treibende Kraft für Ihren Ansatz?

BALLMER: Ich halte Java nicht für eine Sache, die langfristigen Erfolg haben wird. Am Ende müssen all diese Leute mit XML arbeiten, und Java ist dafür ein unangemessenes Mittel. Die Kommunikation von Anwendungen wird über das Versenden von XML-Nachrichten abgewickelt, nicht durch das Versenden von Java-Programmen. Anwendungen werden lose gekoppelt aufgebaut sein, nicht eng gekoppelt, wie es heutige Java-Programmiermethoden nahe legen. Das soll nicht heißen, dass Leute Java nicht mehr als Programmiersprache und für den XML-Einsatz nutzen werden. Aber die Java 2 Enterprise Edition (J2EE) und das Java-Betriebssystem wird man wegwerfen.

CW: Microsoft hat viel Zeit und Energie für den Browser-Krieg verschwendet. Betrachtet man das beschränkte User Interface (UI) eines Browsers, hat sich dann der Sieg in diesem Krieg gelohnt?

BALLMER: Wir haben noch nicht das Beste aus lokalen Anwendungen mit dem Browser verheiratet. Derzeit benutzt man für Anwendungen entweder eine etwas rudimentäre Benutzeroberfläche, oder man nimmt das Browser-UI. Diese Mauer werden wir durchbrechen. Bei Windows XP oder Office XP sind Anwendungen in den Browser oder der Browser in Anwendungen integriert. Wir beginnen gerade damit, das alles zu verflechten bis zu dem Punkt, wo man nicht mehr sagen kann, wo lokaler Code anfängt und Browser-basierte Dinge aufhören. Das ist der richtige Weg. In ein paar Jahren, wenn wir alles komplett implementiert haben, werden Sie keinen Unterschied mehr erkennen.

CW: Was hat Microsoft in den letzten fünf Jahren über die Bedürfnisse von Unternehmensanwendern gelernt?

BALLMER: Das war damals eine andere Zeit, und wir haben seitdem viel gelernt. Die Leute haben uns gesagt, dass alles, was wir getan haben, darin bestand, in die Startposition zu kommen. Uns selbst war das gar nicht richtig bewusst. In dieser Situation hatten wir ein gutes Gespür für Interoperabilitätsfragen. Ständig gab es das Problem in unserer Strategie, wie wir die Zusammenarbeit mit anderen Systemen gestalten sollten. Nun hat sich mit XML ein offener, universeller Standard etabliert. In gewisser Weise ist das für uns die ideale Antwort auf unsere Probleme.