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J.P. Morgan - IBM: Die Hintergründe

16.09.2004
Die Stornierung des Mega-Outsourcings von J.P. Morgan Chase ist vor allem auf die grundlegend andere Einstellung der übernommenen Bank One zu Auslagerungen zurückzuführen.

Die Stornierung des eigentlich auf sieben Jahre angelegten Mega-Outsourcings von J.P. Morgan Chase an IBM ist offensichtlich vor allem auf die grundlegend andere Einstellung der Anfang des Jahres übernommenen Bank One zu Auslagerungen zurückzuführen.

Gestern hatte J.P. Morgan Chase angekündigt, es werde den Großteil seiner an Big Blue ausgelagerten Technik-Kernfunktionen zusammen mit 4000 Mitarbeitern wieder ins Unternehmen zurückholen (Computerwoche.de berichtete). Der Ende 2002 angekündigte Outsourcing-Deal mit einem geschätzten Volumen von fünf Milliarden Dollar war der bislang größte im Sektor Finanzdienstleistungen und auch IBMs Vorzeigeauftrag zum Thema "On Demand".

Die stärker aufs Filialgeschäft fokussierte Bank One, Anfang des Jahres für 53 Milliarden Dollar von J.P. Morgan übernommen, hat allerdings eine grundsätzlich andere Einstellung gegenüber Outsourcing-Verträgen. Jamie Dimon, Bank-One-Chairman und für 2006 designierter neuer CEO von J.P. Morgan Chase, hatte in der Vergangenheit mehrfach klar gemacht, dass er eine eigene technische Infrastruktur für einen wichtigen Wettbewerbsvorteil hält.

Bank One hatte zuletzt mehr als eine Milliarde Dollar in die Modernisierung seiner Infrastruktur gesteckt und dabei unter anderem auch drei noch ausbaufähige Rechenzentren gebaut. "Es wurden von Bank One größere Technikinvestitionen getätigt, die wir nutzen können", erklärte Austin Adams, Chief Information Officer von J.P. Morgan Chase, und ebenso wie Dimon ein frühere Bank-One-Mann.

"Es ist besser für uns, wenn wir dies verwalten und kontrollieren", sagte Adams mit Blick auf die zuletzt von IBM betriebenen Systeme. In einer Stellungnahme hatte J.P. Morgan Chase außerdem darauf verwiesen, dass das Unternehmen durch die Fusion auch wieder eine ausreichende Mannstärke aufweise, um die technische Infrastruktur inhouse zu stemmen. In mehrmonatigen Verhandlungen sei man zu dem Schluss gekommen, dass ein - ebenfalls angedachtes - Modell eines Mischbetriebs teils intern/teils IBM nicht sinnvoll sei.

IBM wird seine Pflichten aus dem Kontrakt zunächst bis Ende 2004 noch erfüllen. In einer Pflichtveröffentlichung bei der US-Börsenaufsicht erklärte der Konzern, er erwarte aufgrund der Terminierung "positive Auswirkungen" auf seinen Gewinn pro Aktie im Fiskaljahr 2005 (weil er nicht wie gedacht in die Outsourcing-typischen Vorleistungen gehen muss) und deutete außerdem an, dass der Deal bislang noch keinen positiven Cash Flow eingebracht habe. Ob J.P. Morgan wegen der Aufkündigung eine Konzessionalstrafe an IBM zahlt, ist nicht bekannt. Wie sich ein eventueller Image-Schaden auf Big Blues auswirkt, ist noch nicht abzusehen. (tc)