Übernahme von Numetrix, Kooperation mit Siebel und Ariba

J.D. Edwards: Später Start in Zukunftsmärkte

21.05.1999
MÜNCHEN (IDG/CW) - J.D. Edwards, Hersteller betriebswirtschaftlicher Standardsoftware, hat den auf Supply-Chain-Management spezialisierten Anbieter Numetrix für 80 Millionen Dollar übernommen. Das Unternehmen kündigte ferner an, in Zukunft eng mit Siebel Systems zu kooperieren und dessen Vertriebs- und Marketing-Software zu vermarkten.

Der Zeitpunkt für die Bekanntgabe der Abkommen war geschickt gewählt: In wenigen Tagen beginnt die User-Konferenz von J.D. Edwards in Denver. Vor seinen Kunden kann das Softwarehaus derzeit nicht mit Ergebnissen glänzen. Im zweiten Quartal des laufenden Geschäftsjahres war nach vorläufigen Zahlen ein Verlust von 25 Millionen Dollar bei drastisch gesunkenen Lizenzumsätzen aufgelaufen - für Anwender und Investoren kein Grund zur Freude (siehe Seite 48). Zudem hat die Company in den Bereichen Kunden- und Supply-Chain-Management nach Analystenmeinung Schwächen im Vergleich zur Konkurrenz.

"Es wird höchste Zeit, daß J.D. Edwards Front-Office-Lösungen anbietet", konstatiert Joshua Greenbaum, Analyst bei Enterprise Application Consulting in Berkeley, Kalifornien. In einem ersten Schritt wird J.D. Edwards nun die SFA-Lösung "Siebel Enterprise" und "Siebel for Workgroups" als Ergänzung für das ERP-Paket "One World" anbieten und Provisionen an Siebel abführen.

Spätestens im Herbst sollen die Produkte integriert zur Verfügung stehen, wobei Analysten hier Bedenken anmelden: So sei es bisher noch keinem Anbieter innerhalb so kurzer Zeit gelungen, eine standardisierte Anbindung zwischen ERP- und SFA-Paketen zu realisieren. Der Aufwand für Schnittstellen-Programmierung sei für die Kunden immer noch erheblich.

Uneinig sind sich Branchenkenner über die strategische Bedeutung der Kooperation: Analyst Steve Bonadio von der Hurwitz Group sieht darin einen Versuchsballon von Siebel, eine mögliche Übernahme eines ERP-Anbieters zu testen: "Es sieht so aus, als ob Siebel langfristig in das ERP-Geschäft einsteigen möchte." Im Management sei man mit den Neuzugängen Paul Wahl und Manager Jeremy Coote jedenfalls gut dafür vorbereitet (siehe Seite 3). Beide waren bei SAP America als Manager tätig und maßgeblich am Erfolg des ERP-Giganten dort beteiligt. Für William Chappel, Analyst von J.C. Bradford, birgt die Kooperation Chancen für beide: "Siebel hat sich damit eine Türe zum Mittelstand geöffnet, und für J.D. Edwards tun sich durch die Front-Office-Produkte neue Geschäftsfelder auf."

Der Kauf von Numetrix, der weltweiten Nummer drei im SCM-Markt, dagegen ist weniger umstritten. J.D. Edwards verfüge mit der Internet-basierten Planungs- und Steuerungssoftware nun über eine schlagkräftige Lösung, die das Angebot des eigenen ERP- Pakets erweitere sowie die Supply-Chain-Initiativen "Score X" und "Aim X" des Anbieters mit Leben fülle. Numetrix'' gleichnamiges Produkt ist bei über 100 Kunden mit 1500 Installationen weltweit im Einsatz. Die Produkte beider Unternehmen sollen bis zum Ende des Jahres integriert werden, teilte eine Sprecherin von Numetrix mit. Von Entlassungen sei bisher zwar nichts bekannt, sie ließen sich aber in administrativen Bereichen wohl nicht vermeiden.

Als weiterer Vorstoß J.D. Edwards in Richtung E-Commerce wird von Branchenkennern die Kooperation mit Ariba gedeutet, einem Anbieter von Operating- Resource-Management (OMR). Mit Hilfe dieser Tools sollen sich die unternehmensinternen Prozesse beschleunigen sowie eine Infrastruktur für Internet- beziehungsweise Intranet-basierte Geschäfte aufbauen lassen.