Kosten der DV/Nach Relokation geringere Lizenzkosten für Host-Software

IZB: Wirtschaftlichkeit mit Sicherheit

28.09.2001
Mehr Rechenleistung, Kapazität und Sicherheit bei gleichzeitig geringeren Kosten, dies strebte das IZB Informatik-Zentrum München/ Frankfurt an. Die Host-Systeme zogen von München nach Nürnberg um, wo ein weiteres RZ entstand, das spiegelbildlich dem Ersten entspracht. Sicherheit und Wirtschaftlichkeit konnten gleichermaßen optimiert werden. Von Klaus Vaitl und Volker Lausch*

Das IZB Informatik-Zentrum München/Frankfurt am Main ist das Dienstleistungsunternehmen für System- und Netzwerktechnologie der Sparkassen-Finanzgruppe Bayern, der Bayerischen Landesbank und der Landesbank Hessen-Thüringen. Das Zentrum wurde 1994 als selbständiges IT-Unternehmen gegründet; Eigentümer sind die Bayerische Landesbank und die bayerische Sparkassenorganisation. Es beschäftigt derzeit rund 430 Mitarbeiter an den Standorten München, Nürnberg und Offenbach und versorgt seine Kunden - darunter rund 90 bayerische Sparkassen, der Konzern der Bayerischen Landesbank, die Landesbank Hessen-Thüringen, die Bayerische Landesbausparkasse und die bayerischen Behörden - mit umfangreichen IT-Diensten. Zu diesem Zweck unterhält es mit 40000 Kilometern Länge und rund 4000 Routern eines der größten privaten Netzwerke weltweit.

Ein Relokations-Projekt der besonderen Art

Das Informatik-Zentrum verfügte bisher über zwei Hochleistungs-Rechenzentren in München und Nürnberg, die zu den größten ihrer Art im deutschen Kreditgewerbe gehören. Im Sommer 1999 entschied man sich dafür, die Host-Systeme von München nach Nürnberg zu verlagern und dort ein Produktions-Rechenzentrum mit angegliedertem Backup-Rechenzentrum aufzubauen, in dem alle Datenbestände synchron gespiegelt werden. Für ein Relokations-Projekt dieser Größenordnung gibt es selbst auf europäischer Ebene nur wenig vergleichbare Beispiele. Die dafür erforderlichen Arbeiten wurden im Laufe des Jahres 2000 in mehreren Teilprojekten ausgeführt.

Die angestrebte Lösung sollte nicht nur im Katastrophenfall, also dem Komplettausfall des produktiven Rechenzentrums, die schnelle Wiederherstellung des Rechenzentrumsbetriebes ermöglichen, sondern auch eine Backup-Lösung beim Ausfall von Komponenten sein. Aus diesem Grund war es nötig, in Nürnberg ein zweites Rechenzentrum aufzubauen, das dem ersten fast spiegelbildlich entspricht. Hier sollten synchrone Datenbestände vorgehalten werden, auf die man beim Teil- beziehungsweise Komplettausfall des Primär-Rechenzentrums zurückgreifen kann. Im Backup-Rechenzentrum werden Host- und Netzwerksysteme betrieben, die im Backup-Fall die Produktion übernehmen. Die zur Verfügung stehende Kapazität und Rechenleistung des IZB erhöhte sich durch das Projekt erheblich (siehe Tabelle "Steigerung der Rechenleistung"). Im zentralen System steigerte sich die Plattenkapazität von zirka 40 Terabyte auf 66 Terabyte.

Das Backup-Rechenzentrum wurde in einer Entfernung von etwa vier Kilometern zum bereits bestehenden Rechenzentrum aufgebaut. Die Verbindung zum Primär-Rechenzentrum erfolgte zunächst über zwei getrennt verlaufende Glasfasertrassen mit jeweils 240 Glasfasern und wurde inzwischen um weitere zwei Mal 240 Glasfasern auf insgesamt 960 Fasern erweitert. Die Entfernung der beiden Rechenzentren - für Produktion und Backup - bewegt sich im Metrobereich. Dadurch konnte eine hochperformante Kopplung der Rechenzentren - zwei Mal 480 Glasfaserverbindungen über zwei vollkommen getrennte Wege - für die synchrone Plattenspiegelung mittels PPRC (Peer-to-Peer Remote Copy), die Hostkopplung und die Netzwerkkopplung realisiert werden. Den Zuschlag für die Rechenzentrumsverbindungen erhielt die Deutsche Telekom AG als Generalunternehmer, die in Kooperation mit der Controlware GmbH, Dietzenbach, das Projekt realisierte.

Die Überlegungen, die zum Aufbau und zur Inbetriebnahme eines eigenen Backup-Rechenzentrums in Nürnberg und zum Umzug aller Großrechner von München nach Nürnberg führten, standen unter dem Zeichen, die Leistung zu erhöhen und gleichzeitig die Kosten zu senken.

Den im Vorfeld durchgeführten Kalkulationen lag die betriebswirtschaftliche Theorie der Economies of Scale zugrunde - die Beobachtung, dass bei einer Erweiterung der Betriebsgröße die Produktionskosten in der Regel langsamer steigen als die Ausbringungsmenge: Mit zunehmender Ausbringung sinken die Stückkosten, da die fixen Kosten auf eine größere Menge verteilt werden, also eine Stückkosten-Degression vorliegt.

Im konkreten Fall der Großrechner-Konzentrierung ermittelte das IZB Informatik-Zentrum ein massives Einsparungspotenzial vor allem im Bereich der Ausgaben für die Lizenzierung der Host-Software durch IBM. Durch den bisherigen Betrieb von zwei Rechenzentren in München und Nürnberg waren Softwarelizenzkosten für beide Standorte zu bezahlen. An beiden Standorten liefen zwar die gleichen Applikationen, doch das hatte auf die Lizenzkosten keine Auswirkung: Die Preispolitik von IBM sieht vor, dass die Software für jeden Host einzeln lizenziert werden muss.

Anders dagegen verhält es sich beim Clustering von Hosts, auch Sysplex-Verbund genannt. Ein derartiger Cluster wird von IBM anders - niedriger - bepreist als das Vorhalten zweier weit voneinander entfernter Host-Standorte. Bedingung für einen Sysplex-Verbund ist, dass die zugehörigen Hosts nicht weiter als zehn Kilometer auseinander liegen - was von IBM auch überprüft wird.

Daher schwebte den Verantwortlichen eine Cluster-Lösung vor, bei der die Rechenzentren eng genug zusammen liegen, um die Bedingungen von IBM zu erfüllen, die andererseits aber auch weit genug voneinander entfernt sind, um die schnelle Wiederherstellung des Betriebs im Katastrophenfall zu gewährleisten.

Die gefundene Lösung - Inbetriebnahme eines Backup-Rechenzentrums in Nürnberg und Anbindung an das bestehende Rechenzentrum über Hochgeschwindigkeitsverbindungen - erfüllte diese Bedingungen. Dank dieses Projektes, das mit einen Gesamtbudget von rund 20 Millionen in den Büchern steht, gelang es dem Unternehmen, hohe Lizenzkosten einzusparen: Diese Summe im Bereich der Host-Softwarelizenzen bewegten sich in der Höhe, die etwa der Höhe der Investition der Gesamtlösung entsprach.

Ferner wirkten sich die Einsparungen durch Synergieeffekte der Konzentration der Systeme positiv aus. Den getätigten Investitionen für das gesamte Projekt stehen damit enorme Kostenvorteile gegenüber, die bereits für sich alleine genommen zu einer raschen Amortisation führen.

Lokations-Backup benötigt

Das Projekt brachte noch weitere Einsparungen. Beide bisherigen Großrechenzentren benötigten ein Lokations-Backup. Mit dieser Aufgabe hat das IZB Informatik-Zentrum in der Vergangenheit einen externen Dienstleister beauftragt, der im Katastrophenfall den Produktionsbetrieb sichert. Die Ausgaben für diese Dienstleistungen spart man nun seit der Inbetriebnahme des Backup-Rechenzentrums, da das Backup jetzt in Eigenregie durchgeführt wird - und zwar nur noch an einem Standort. Positiver Nebeneffekt: Die Aufnahme des Produktionsbetriebes mit der neuen Backup-Lösung erfolgt ohne Datenverlust, was bei der Lösung über den externen Dienstleister nicht der Fall war.

Nachdem die Entscheidung zugunsten eines neuen Backup-Rechenzentrums gefallen war, stand noch die Frage nach seinem Standort im Raum. Außerdem musste das vorhandene Rechenzentrum ausgeweitet werden und somit über genügend räumliche Kapazitäten verfügen. Theoretisch kamen als Standort zwar München und Nürnberg in Frage, praktisch allerdings stand Nürnberg schnell als Sieger fest: Die Mietpreise liegen in München weit über denen in Nürnberg. Darüber hinaus bot das Nürnberger RZ ausreichend Raumkapazität für eine Erweiterung.

Mit der Inbetriebnahme eines eigenen Backup-Rechenzentrums und der Zusammenfassung der Großrechner eröffnen sich weitere Wachstumsmöglichkeiten. Beispielsweise konnte in diesem Jahr die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) als neuer Kunde gewonnen werden.

Die Reorganisation im Großrechnerbereich verschafft dem IZB Informatik-Zentrum bereits für sich alleine betrachtet entscheidende Wettbewerbsvorteile - das Projekt ist allerdings im größeren Zusammenhang zu sehen. Denn das Unternehmen vollzog beziehungsweise vollzieht die Bündelung seiner Kräfte auch in anderen Bereichen, um die Vorteile eines zentralen Betriebes umfassend zu nutzen.

Kostendegressionen im Sinne von Economies of Scale wurden auch im Bereich der gemanagten Netze realisiert. So hat das Zentrum bereits 1996 die zentrale Betriebsverantwortung für die Sparkassen-Netze zu ihren Rechenzentren sowie zu ihren Geschäftsstellen übernommen. Dadurch ließen sich Kostendegressionen erzielen, etwa durch einen gemeinsamen Einkauf von Hard- und Software zu verbesserten Konditionen.

Nach dem Muster der konzentrierten Netz- und Großrechnerbereiche will man auch im Bereich der Serveranwendungen vorgehen, ist hier aber noch in der Aufbauphase. Einer der ersten Schritte ist die Konzentration von Servern auf zentrale Standorte, dem die Zusammenlegung vieler kleiner Server zu großrechnerähnlichen, leistungsfähigen Einheiten folgt. Somit können auch im Bereich der Serveranwendungen die Vorteile eines zentralen Betriebs und der daraus resultierenden Kostendegressionen genutzt werden.

Fazit: Wirtschaftlichkeit und Größe des operativen Betriebs sind eng miteinander verbunden. Je größer die Einheiten sind, desto kostengünstiger - und auch qualitativ besser - können sie betrieben werden. Das IZB Informatik-Zentrum München/Frankfurt hat mit der Konzentration von Betriebsaufgaben und der Konsolidierung der Anwendungen in der Vergangenheit nur gute Erfahrungen gemacht und wird diesen Weg auch weiterhin mit Nachdruck verfolgen.

*Klaus Vaitl und Volker Lausch sind jeweils Leiter der Planung Netzwerke bzw. Mainframe beim Informatik-Zentrum München/Frankfurt.

Steigerung der RechenleistungMips-Anzahl / Stand Juli 2000 / Stand Juli 2001

Produktive Mips / 4200 / 8390

Backup-Mips / 4215 (aktiv: 1283, passiv: 2932) / 8512 (aktiv: 1711 passiv: 6801)