Itil 3 - der Lifecycle steht im Zentrum

12.01.2007
Nach dem neuen Servicestandard können sich auch Unternehmen zertifizieren lassen.

Voraussichtlich im April dieses Jahres wird die IT Infrastructure Library (Itil) in einer neuen Bearbeitung veröffentlicht. Sie unterscheidet sich von der bisher genutzten Ausführung beispielsweise dadurch, dass sie statt aus neun nur noch aus fünf Bänden besteht. Zudem ergänzt sie die gesammelten Best Practices und ordnet sie einer durchgängigen Systematik unter: dem "Lebenszyklus" eines Service. Während heute ein Itil-Buch alle Aspekte eines bestimmten Themas - beispielsweise "Service Delivery" oder "Service Support" - in sich vereint, wird es künftig die Themen im Zusammenhang mit einer dezidierten Phase des Lifecycle betrachten.

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www.computerwoche.de/

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Mehr Nutzwert angepeilt

Dank dieser Systematik lassen sich Itil-Prozesse von den Anwendern leichter adaptieren, verspricht das IT Service Management Forum (itSMF). Diese nicht kommerzielle Organisation, hierzulande als eingetragener Verein in Frankfurt am Main ansässig, hat weltweit die Itil-Entwicklung und -Lizenzierung unter ihre Fittiche genommen. Eigenen Angaben zufolge trägt sie Sorge dafür, dass die neue Itil-Version für die Anwender leichter zu handhaben ist und damit einen höheren Nutzwert bekommt.

Die fünf Itil-Bände werden also im Wesentlichen die Phasen des Service-Lifecyle nachbilden.

• "Service Strategy" bietet - wie der Name andeutet - einen Überblick über den gesamten Lebenszyklus. Laut itSMF-Vorstandsmitglied Paul Martini hilft dieses für Itil neue Thema den IT-Organisationen auch dabei, zu entscheiden, in welche Richtung sie sich entwickeln wollen.

• "Service Design" widmet sich der frühesten Phase eines Service: dem Entwurf.

• "Service Transition" behandelt die Übergabe des Entwurfs in den Betrieb - einschließlich großer Teile des Change-Managements.

• Das findet sich aber auch in den "Service Operations" wieder, wo unter anderem die Itil-Practices für Incident-, Problem- und Konfigurations-Management beschrieben werden.

• "Continous Service Improvement" schließlich dreht sich um die ständige Verbesserung der Serviceprozesse. "Es reicht nicht aus, einen Service in Betrieb zu nehmen", erläutert Martini, der im itSMF-Vorstand als Schatzmeister fungiert: "Unsere Welt bleibt ja nicht stehen. Deshalb muss man sich ständig verbessern - und ein Rahmenwerk dafür aufbauen."

Im Gegensatz zu der heute genutzten Best-Practice-Sammlung sollen die neuen Itil-Bände einheitlicher werden - hinsichtlich Struktur, Begrifflichkeit und inhaltlicher Tiefe. "Die Bücher haben auch heute schon eine Struktur", relativiert Martini den Vorwurf, Itil sei in der vorliegenden Form nur eine Lose-Blatt-Sammlung, "aber wenn man sich die Prozesse genauer anschaut, stellt man fest, dass die Beschreibung bei einigen deutlich tiefer und strukturierter ist als bei anderen." Hier werde es künftig ein gemeinsames Niveau mit einem für alle Prozesse verbindlichen Detaillierungsgrad geben.

Zudem führt Itil 3 für jeden behandelten Prozess Key-Performance-Indizes und Metriken ein, mit deren Hilfe die Unternehmen ihre eigenen Services messen und beurteilen können. Darüber hinaus werden bei der Best-Practice-Beschreibung die unterschiedlichen Unternehmensgrößen berücksichtigt. Und last, but not least spielt der geschäftliche Nutzen ("Business Value") in der neuen Itil-Ausführung eine bislang nicht gekannte Rolle.

Sechs Monate später in Deutsch

Dass die angepeilten Ziele auch erreicht werden, überwacht eine vom itSMF installierte Itil Advisory Group. Die Bücher werden derzeit einem Review unterzogen. Am 1. April soll die englische Ausgabe veröffentlicht werden. Die meisten itSMF-Mitglieder dürften sich sofort darauf stürzen, so Martini: "Für die Service-Provider spielt Zeit eine Rolle, und für uns ist Englisch sowieso die Standardsprache." Die Anwender aus dem öffentlichen Bereich und die Mittelständler hingegen würden wohl mehrheitlich auf die deutsche Übersetzung warten, mit der gegen Ende des Jahres zu rechnen sei: "Die deutschen Bücher sollen 180 Tage nach Veröffentlichung der englischen verfügbar sein", zitiert Martini die internen Vorgaben des itSMF.

Änderungen für die Itil-Nutzer

"Künftig werden Unternehmensbereiche mit Itil zu tun haben, die vorher nicht davon berührt waren", resümiert itSMF-Vorstand Matthias Goebel, "beispielsweise werden Strategie und Architektur mit einbezogen". Wer Itil bereits für den Call-Center-Betrieb nutze, müsse sich jedoch nicht "groß" umstellen. Trotzdem werde sich wohl jedes Unternehmen fragen, inwieweit es den neuen Standard mit seinen Erweiterungen adaptieren wolle, ergänzt Martini.

Itil-Zertifikate behalten selbstverständlich ihre Gültigkeit, versichern die beiden itSMF-Vorstände. Rezertifizieren müssen sich allerdings die Service-Manager, die Wert auf eine Itil-3-Zertifizierung legen.

Noch eine Neuerung, die nicht direkt mit Itil 3 zusammenhängt, aber ebenfalls im Laufe dieses Jahres wirksam werden soll: Künftig können sich nicht nur Personen ihre Itil-Reife ("Maturity") zertifizieren lassen, sondern auch Dienstleistungs- und Anwenderunternehmen. Das itSMF entwickelt momentan Kriterien, mit deren Hilfe Provider und IT-Abteilungen nachweisen können, inwieweit sie bereits dem Standard entsprechen. "Die Zertifizierung dient der eigenen Positionierung und hilft, weitere Verbesserungspotenziale aufzudecken", wirbt Goebel für diese Initiative, die auf Wunsch der itSMF-Mitglieder ins Leben gerufen wurde.